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Ösophagus

von: Christoph Fischer

Suchbegriffe: Reflux, GERD, Barettösophagus, Ösophaguskarzinom, Ösophagus-Ca, Reflux-Thoraxschmerz-Syndrom, H. pylori-Eradikation, PPI-Dauer-Therapie, Reflux-Thoraxschmerz-Syndrom, intestinaler Metaplasie, Becherzellen, spezialisiertes Zylinderepithel,

Häufigkeit: Refluxbeschwerden sind sehr häufig: 1 von 5 Erwachsenen leidet an GERD, aber pro Jahr erkrankt nur  1 von 11.000 Männern und 1 von 50.000 Frauen an Ösophagus-Ca. Deshalb soll sich die Magenspiegelung auf Riikopatienten beschränken!

Risiko: pro Jahr erkrankt 1 von 200 Patienten mit Barett-Ösophagus mit intestinaler Metaplasie an Ösophagus-Ca

 

Warn-Hinweis: Schlafmittel (z.B. Zolpidem) können zu einer Verschlechterung des nächtlichen Refluxes führen.

 

 

empirische medikamentöse Therapie

Patienten mit typischen Refluxsyndrom ohne Alarmzeichen oder Risikofaktoren

  • Gewichtsabnahme,
  • Dysphagie,
  • Blutungshinweise,
  • Familienanamnese für Malignome des oberen Verdauungstraktes,
  • langjährige schwere, insbesondere auch nächtliche Symptome
  • können ohne Endoskopie empirisch mit einem PPI in Standarddosis (z.B. Pantoprazol 40mg) 4 Wochen behandelt werden.
  • PPI können bei strenger Indikation auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden
  • nach erfolgreicher Akuttherapie kann die Behandlung mit einem PPI in halber
    Standarddosis (z.B. Pantoprazol 20mg  nach Bedarf (on demand) erfolgen.
  • besteht in der Erhaltungsphase ein hoher PPI-Bedarf  (z.B. jeden Tag 1
    Tablette), empfiehlt sich eine Endoskopie.

  Management-Algorithmus zur Abklärung und Therapie typischer Refluxbeschwerden

HintergrundINFO: 40-80% der Schwangeren leiden an GERD, Risiken einer PPI-Behandlung in der Schwangerschaft sind bisher nicht gesichert, können aber auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Indikation zur Gastroskopie

Bei mehrjährig bestehenden Refluxbeschwerden, Alarmzeichen oder Risikofaktoren sollte eine Endoskopie zur Aufdeckung eines Barrett-Ösophagus erfolgen. S-2LL S: 17

HintergrundINFO: Die makroskopischen Läsionen sind derart spezifisch, dass mit ihrem Nachweis die Diagnose "Refluxösophagitis" ausreichend belegt ist. Aus den Befunden der pH-Metrie und Ösophagusmanometrie lassen sich zunächst keine  differenzialtherapeutischen Konsequenzen ableiten.

  • Bei symptomatischer Refluxösophagitis wird daher ohne weitere Funktionsdiagnostik medikamentös therapiert.
  • Eine Biopsie bei makroskopisch unauffälligen Ösophagus nur zur Klärung der Frage einer Refluxerkrankung sollte nicht durchgeführt werden. 2S-LL S: 20

Therapie nach Gastroskopiebefund

  • Patient mit typischem Refluxsyndrom und endoskopischem Normalbefund (NERD) PPI in halber Standarddosis (Pantoprazol 20mg) für 4 Wochen, Verlängerung auf 8 Wochen und Dosiserhöhung bei Nichtansprechen, nach Besserung Bedarfsmedikation
  • leichte Refluxösophagitis (Los Angeles A/B)  4 Wochen, in Standarddosis (Pantoprazol 40mg)
  • schwere Refluxösophagitis (Los Angeles C/D) 8 Wochen PPI in
    Standarddosis
  • wenn anschließende Dauertherapie nicht vermeidbar durch schrittweise Dosisreduktion symptomatisch minimal noch ausreichend wirksame PPI-Dosis ermitteln

  Algorithmus zum Langzeit-Management der GERD nach Schweregrad

Helicobacter pylori und GERD

die H. pylori-Eradikation ist einer Langzeittherapie mit einem PPI vorzuziehen, um einer Zunahme der Corpusgastritis und einer beschleunigten Atrophie-Entwicklung vorzubeugen

Reflux-Thoraxschmerz-Syndrom

  • initial PPI indoppelter Standarddosis (1-0-1) für 2-4 Wochen
  • schrittweise Dosisreduktion nach erfolgreicher Initialtherapie

HintergrundINFO: Thoraxschmerzen, die von einem ischämischen Herzschmerz klinisch nicht zu unterscheiden sind, können Symptom einer GERD sein, ohne dass typische Refluxsymptome wie Sodbrennen oder Regurgitation vorliegen. Eine Probetherapie mit einem PPI bei vermutetem Reflux-Thoraxschmerz-Syndrom ist zur Diagnostik geeignet.

Risiko PPI-Dauer-Therapie

  • erhöhtes Risiko für bakterielle Infektionen der Atemwege und des Verdauungstraktes (einschließlich Clostridium difficile),
  • bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms,
  • Wirbelkörper- und Schenkelhalsfrakturen,
    Resorptionsstörungen (Vitamin B12),
  • Hypomagnesiämie,
  • Patienten mit Leberzirrhose: spontane bakterielle Peritonitis
  • beschleunigte Atrophieentwicklung
  • erhöhtes Risiko für Magenkrebs NNH 2.300/Jahr(1)

HintergrundINFO: bei reduzierter Säuresekretion kolonisiert H. pylori bevorzugt die Corpusschleimhaut des Magens mit der Konsequenz einer Zunahme der Corpusgastritis und gleichzeitiger Verbesserung der Antrumgastritis. Kuipers et al, die zwei Kohorten von Refluxpatienten behandelt mit PPI-Dauertherapie oder Fundoplicatio verglichen, folgerten, dass eine PPI-Dauertherapie die Atrophieentwicklung bei bestehender HP-Infektion beschleunigt und damit evtl. das Magenkarzinomrisiko langfristig erhöht.

Chirurgische Therapie

Der Therapieerfolg einer  PPI-Therapie ist vergleichbar mit dem einer laparoskopischen Fundoplikatio.Eine Operationsindikation kann gestellt werden, wenn zusätzlich zur langfristigen Behandlungsbedürftigkeit die Indikationskriterien erfüllt sind:

  • intolerable refluxinduzierte Restbeschwerden unter PPI
  • oder eine Unverträglichkeit gegenüber der PPI-Therapie
  • Indikationskriterien

Refluxrezidive nach Fundupltkatio ohne weitere komplizierende Faktoren sollten zunächst wieder mit PPI behandelt werden.

 

extraösophageale Manifestationen der GERD (EÖM)

Mögliche extraösophageale Manifestationen einer GERD sind

  • chronischer Husten,
  • Asthma,
  • Laryngitis
  • dentale Erosionen

bei Verdacht auf EÖM sollte eine empirische PPI-Therapie versucht werden

HintergrundINFO: Ein etablierter Diagnostikalgorithmus zur Abklärung einer EÖM existiert nicht. Aufgrund des schlechteren Therapieansprechens bei Symptomen der
EÖM im Vergleich zu typischen GERD-Symptomen ist ein objektivierter Nachweis der
Refluxkrankheit vor Beginn der medikamentösen Therapie prinzipiell wünschenswert. Die Evidenz aus Therapiestudien ist widersprüchlich

 

Barett-Ösophagus

  • histologische Diagnose: Nachweis von spezialisiertem intestinalen metaplastischen Zylinderepithel (mit oder ohne Becherzellen)
  • gezielte Biopsie aller suspekten Areale und anschließender 4- Quadranten-Biopsie alle 1-2 cm
  • In Abhängigkeit vom Vorhandensein von intraepithelialen Neoplasien werden folgende Überwachungsintervalle empfohlen:
  • Keine intraepitheliale Neoplasie: Kontrolle nach 1 Jahr, bei Bestätigung kann alle 3-
    4 Jahre eine Kontroll-Endoskopie erfolgen
  • Leichtgradige intraepitheliale Neopasie (LGIN) makroskopisch nicht  sichtbar: Endoskopie im 1. Jahr halbjährlich, dann jährlich
  • sichtbare leichtgradige intraepitheliale Neopasie: endoskopische Ablation

HintergrundINFO: Das Risiko der Progression eines nicht-neoplastischen Barrett-Ösophagus hin zur hochgradigen intraepithelialen Neopalsie oder Adenokarzinom ist äußerst niedrig, diesem steht das Komplikationsrisiko einer ablativen Therapie entgegen.

Die gesicherte niedriggradige intraepitheliale Neoplasie ist eine relevante Erkrankung mit hoher Progressionsrate.

Die Diagnose einer niedriggradigen intraepithelialen Neoplasie (LGIN) muss immer durch einen erfahrenen Referenzpathologen überprüft werden, da es sich in 85% der  Fällen um eine Fehldiagnose handelt (Fehlinterpretation entzündlicher Veränderungen als neoplastisch)

Prävention Ösophagus-Ca

Eine Empfehlung zur Prävention der Entwicklung von Neoplasien im Barrett-Ösophagus (PPI, ASS)  kann nach heutigem Kenntnisstand nicht abgegeben werden. PPI führten lediglich zur Reduktion akuter entzündlicher Veränderungen, während chronische entzündliche Veränderungen persistierten.

 

Literatur:

S2-Leitlinie GERD

(1)[1] Ka Shing Cheung, Wai Keung Leung et al., Long-term proton pump inhibitors and risk of gastric cancer development after treatment for Helicobacter pylori: a population-based study,  https://gut.bmj.com/content/67/1/28