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Sind niedermolekulare Heparine das Ei des Kolumbus?

von: Christoph Fischer

Jeder von uns hat sich wohl irgendwann einmal gefragt, warum Patienten mit Bridging durch NMH mit keinem oder jedenfalls mit geringerem Blutungsrisiko als unter oraler An­tikoagulation bzw. gänzlich ohne „Blutverdünnung“ operiert werden können und doch vor thromboembolischen Komplikationen ausreichend geschützt sind.

Das wäre das erste Präparat mit Wirkung, aber ohne Nebenwirkungen!

 

Unter dem Akronym „BRIDGE-Studie“[1] wurden jetzt die Ergebnisse einer randomisierten doppelblinden, mit öffentlichen Geldern unterstützten Studie publiziert:[2]

1.900 Patienten sind wegen Vorhofflimmerns und zumindest einem weiteren Risikofak­tor für einen Schlaganfall mit einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA), also Sintrom® o. ä., im therapeutischen Bereich oral antikoaguliert (durchschnittlicher INR der Teilnehmer 2,3). Bei ihnen wird ein chirurgischer Eingriff durchgeführt, bei dem nach gängiger Auffassung eine Unterbrechung der oralen Antikoagulation erforderlich ist. Bei den Eingriffen handelt es sich zu 40 % um Endoskopien, die übrigen Eingriffe sind kleinere und auch größere chirurgische, orthopädische und urologische Eingriffe. Bei allen Patienten wurden 5 Tage vor dem Eingriff Sintrom® etc. abgesetzt; die eine Hälfte der Patienten erhielt ersatzweise ein NMH, bei den übrigen erfolgte kein Bridging.

 

Schlaganfälle gleich selten, aber Blutungen und Herzinfarkte unter Bridging wesentlich häufiger!

Schlaganfälle und periphere Embolien ereignen sich etwa bei 1 von 300 Patienten und sind mit und ohne Bridging nahezu gleich häufig (0,3 versus 0,4 % Unterschied = nicht signifikant). Blutungen und Herzinfarkte ereignen sich unter niedermolekularem Heparin aber 2–3x häufiger.

Bridging

Diese überraschenden Resultate einer RCT werden lt. arznei-telegramm auch durch Daten aus Beobachtungsstudien gestützt: Zwei neuere systematische Reviews kommen zum Er­gebnis, dass ein Bridging mit Heparin gegenüber einer Unterbrechung der Antikoagulation ohne Bridging das Blutungsrisiko dreifach[3] bzw. vierfach[4] erhöht, ohne dass es die Rate thromboembolischer Komplikationen erkennbar senkt.

Literatur:

Auszug aus Bachler H., Fischer C. Leitfaden Allgemeinmedizin 2016 S:258ff

[1] Douketis, J.D. et al.: N. Engl. J. Med.; online publiziert am 22. Juni 2015; doi: 10.1056/NEJM oa1501035  

[2] a-t 2015; 46: 62-3

[3] Eijgenraam, P. et al.: Curr. Pharm. Des. 2013; 19: 4014-23  

erstellt 10-2019

 

[4] Ling Du, M.M. et al.: Pacing Clin. Electrophysiol. 2014; 37: 1573-86