/Hauterkrankungen /Erythema migrans /Neuroborreliose NeuroborrelioseGarin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom
Häufigkeit: 1 Neuerkrankung unter 33.000 Einwohnern/Jahr, ein Hausarzt sieht so etwas also 2-3x in 35 Berufsjahren!
Symptome der Neuroborreliose
- Symptome der Radikulitis entwickeln sich im Mittel 4–6 Wochen
- segmentale Schmerzen
- Vorwiegend nachts
- Lokalisation kann wechseln
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Symptomatik, die zur Abklärung einer Neuroborreliose führen sollte[1]
Erkrankung |
Symptome |
wie oft sieht das der Hausarzt[2] |
Radikulitis spinaler Nerven |
heftige, nächtlich betonte, radikulär bzw. segmental verteilte Schmerzen |
alle 15 Jahre 1x |
Radikulitis der Hirnnerven II–XII |
Fazialisparese, bei ca. einem Drittel doppelseitig; Augenmuskelparesen |
alle 20 Jahre |
Meningitis |
Meningismus, Lichtscheu, Übelkeit, Erbrechen |
Kinder alle 30 Jahre
Erwachsene "alle 200 Jahre"
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Enzephalitis |
Paresen, Sprachstörungen, Koordinationsstörungen, gelegentlich epileptische Anfälle |
"alle 200 Jahre"
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Myelitis |
querschnittförmige verteilte Sensibilitätsstörungen, zentrale und periphere Paresen, Blasenentleerungsstörungen |
"alle 200 Jahre"
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Neuritis peripherer Nerven |
wahrscheinlich nur im Rahmen der Acrodermatitis chronica atrophicans mit überwiegend sensiblen Symptomen |
seltener als alle 200 Jahre
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HintergrundINFO: Neuroborreliosen sind also selten, aber jeder 5. Gesunde hat Antikörper, deshalb eignen sie sich nicht zur Diagnosestellung!
Cave: Die "häufigste" nicht kutane Borrelienerkrankung
ist die Lyme-Arthritis, einer von 20.000 Einwohner pro Jahr erkrankt daran, das bedeutet etwa jedes verflixte 7. Jahr kommt einer zu Ihnen in die Praxis!
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Diagnose Neuroborreliose
- Bei ausreichen begründetem klinischem Verdacht auf Neuroborreliose soll zeitgleich eine Liquor- und Serumuntersuchung erfolgen (13/13 starker Konses, starke Empfehlung↑↑)
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- der positive Befund borrelienspezifischer IgM- und/oder IgG-Antikörper allein weist keine Erkrankung mit Borrelia burgdorferi nach,weil:
- Borrelieninfektionen mit asymptomatischer Serokonversion vorkommen
- und über Jahre anhaltende erhöhte IgG- und IgM-Antikörpertiter im Serum nach ausreichend behandelter Borreliose bei gesunden Personen keine Seltenheit darstellen
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- daher soll der Behandlungserfolg ausschließlich klinisch kontrolliert werden ( keine Titerkontrollen!!!) [1]
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wie sicher ist die Diagnose? [3]
Mögliche Neuroborreliose |
- Typisches klinisches Bild mit Meningitis,
- Meningoradikulitis,
- Hirnnervenausfällen oder
- fokalen neurologischen Ausfällen
- Borrelienspezifische IgG- und/oder IgM-Antikörper im Serum
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Wahrscheinliche Neuroborreliose |
- zusätzlich Nachweis von entzündliches Liquorsyndrom:
- lymphozytäre Zellzahlerhöhung,
- erhöhtes Gesamteiweiß,
- intrathekale Immunglobulinsynthese
- Ausschluss anderer Ursachen
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Gesicherte Neuroborreliose |
- zusätzlich Nachweis von intrathekaler borrelienspezifischer Antikörperproduktion
- und/oder positive Borrelienkultur
- bzw. PCR
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Post-Lyme-Disease (PLDS)[3]
- chronischer Beschwerdekomplex trotz antibiotisch behandelter Lyme-Borreliose
- Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates,
- radikulären Schmerzen,
- Dysästhesien,
- neurokognitiven Symptomen
- und chronischer Müdigkeit.
- Klare Diagnosekriterien fehlen genauso wie der Nachweis, dass eine persistierende Infektion oder ein Autoimmunprozess vorliegt.
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Unter Neurologen kursiert das Wortspiel:
„Borrelienneurose, aber keine Neuroborreliose“
- Daten belegen, dass in einer altersbezogenen Vergleichsgruppe ohne Lyme-Borreliose die genannten unspezifischen Symptome genauso häufig anzutreffen sind, wie bei Patienten mit angeblicher PLDS.
- In mehreren Studien fand sich kein Vorteil einer Antibiotikatherapie dieser Patienten über ein bis drei Monate.[3]
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Mein kritischer Kommentar zur iatrogenen "Post-Lyme-Disease"
- Besonders in Urlaubszeiten besuchen regelmäßig Patienten unserer Praxis mit einer angeblichen "Post-Lyme-Diease"
- Keiner von ihnen erfüllt auch nur die Kriterien für eine "mögliche Neuroborreliose"
- alle litten zur Zeit der Diagnosestellung ausschließlich an unspezifischen Symptomen,
- aber ein übereifriger Kollege fand einen Borrelien-Antikörper.
- Sie nehmen schon wochenlangerfolglos Antibiotika, nicht selten sogar als i.v.Infusion,
- und sind durch die offensichtlichen Überdiagnosen schwer stigmatisiert.
- Ärztliche Fortbildung funktioniert - zumindest in diesem Bereich - nicht.
- Er wäre höchst an der Zeit die Einsendung einer Borrelien-Serologie streng zu regelmentieren.
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Borrelien-Neurose durch die Borrelien-Serologie
Choosing Wisely
Literatur:
[1] S3-Leitlinie Neuroborreliose
[2] wie oft sehe ich das: die Erkrankunghäufigkeit wurden auf Grund der in der S3-LL angegebenen Epidemiologie und der errechneten absoluten Anzahl / Einwohner in Würzburg (110/100.000) für eine Praxis mit 3.000 Patienten errechnet: Huppertz HI, Böhme M, Standaert SM, Karach H, Plotkin SA: Incidence of Lyme borreliosis in the Würzburg region of Germany. Eur J Clin Micro-biol Infect Dis 1999; 18: 697 – 703
[3] H. Bachler, C.Fischer TGAM-Leitfaden 2016
erstellt 8-2019 |