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Polymyalgia rheumatica

von: Christoph Fischer

Äthiologie: unklar, pathogenetisch Riesenzellarteriitis im Aortenbogen bzw. in den proximalen Extremitätenarterien, in 40–50 % findet sich eine Koinzidenz mit Arteriitis temporalis.

Häufigkeit: Auftreten fast ausschließlich bei 50+, nach rheumatoider Arthritis zweithäufigste  entzündlich-rheumatische  Erkrankung  im  höheren  Lebensalter

Symptome

  • Schmerzen, Steifigkeit und Bewegungseinschränkung muskulären Ursprungs
  • im Bereich des Nackens und bilateral im Schulter- und/oder Beckengürtelbereich,
  • meist verbunden mit beeinträchtigtem Allgemeinzustand,
  • Gewichtsverlust,
  • subfebrilen Temperaturen.

Diagnose

  • Bisher existieren keine international anerkannten klinischen Diagnosekriterien.
  • spezifische Tests für die Erkrankung fehlen
  • deshalb sollten auch bei typischem klinischen Bild vor Diagnosestellung ähnliche Erkrankungen ausgeschlossen werden

Diagnostik zur Ausschlussdiagnose

  • nicht-entzündliche, entzündliche, medikamenten-induzierte, endokrine, infektiöse oder neoplastische Erkrankungen
  • Labor: Rheumafaktor, anti-CCP-Antikörper, CRP, BSG, Serumelektrophorese, Blutbild, Glukose, Kreatinin, Leberfunktionsparameter, Kalzium, Alkalische Phosphatase, Vitamin D, Urin-Stick-Analyse, TSH, CK, ANA, ANCA
  • Apparative Untersuchungen: Röntgen-Thorax, Abdomen-Sonographie, Messung der Knochendichte

HintergrundINFO: Es wird kontrovers diskutiert, ob ein Zusammenhang zwischen PMR und Tumorerkrankungen besteht, daher ist auch bei typischen Symptomen die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass eine Paraneoplasie-Symptomatik eine PMR vortäuscht.

Polymyalgia rheumatica ist wahrscheinlich

  • wenn 3 Kriterien von 7 zutreffen
  • oder 1 Kriterium + Arteriitis temporalis:
  • beidseitige Myalgie oder Steifigkeit der rumpfnahen Arm- oder Beinmuskeln
  • Druckschmerzen beide Oberarme
  • akuter Krankheitsbeginn < 2 Wo
  • BSG >40mm/1. Stunde
  • Morgensteifigkeit > 1 Stunde
  • Alter > 60
  • Depression oder Gewichtsverlust[1]

Ein promptes Ansprechen auf einen Steroidversuch gilt als Bestätigung der Verdachtsdiagnose

Risikofaktoren für eine höhere Rezidiv-Rate und/oder eine verlängerte Behandlungsdauer

  • weibliches Geschlecht,
  • hohe BSG (>40 mm/h)
  • und periphere Arthritis.

Patienten mit atypischen Zeichen sollen nur durch Rheumatologen behandelt werden

  • periphere Arthritis,
  • systemische Symptome,
  • niedrige Entzündungsparameter,
  • Alter < 60 Jahre,
  • Glukokortikoid-Therapie refraktäre PMR

Therapie

  • Beginn Prednison 12,5 – 25 mg /d in einer morgendlichen Einzeldosis
  • Keine Dosierung ≤ 7,5 oder ≥ 30mg
  • Dosis soll kontinuierlich reduziert werden
  • Reduktion auf 10mg/d in 4 – 8 Wochen
  • Dann alle 4 Wochen um 1 mg reduzieren
  • Bei Rezidiv zurück auf letzte Dosis vor Symptomen
  • 2 Versuch in 4 – 8 Wochen
  • Behandlungsdauersollte so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich

NSAR

  • Nichtsteroidale Antirheumatika sollen nicht zur Therapie der PMR eingesetzt werden,
  • weil das Risiko für Nebenwirkungen größer ist als der meist geringe Nutzen.
  • NSAR und/oder Analgetika können jedoch zusätzlich angewendet werden,wenn Schmerzen anderer Ursachen bestehen.

Methotrexat

  • Frühzeitig zusätzlich zu Prednison erwägen:
  • bei Patienten mit hohem Risiko für Rezidive
  • Patienten mit Glukokortikoid-induzierten Nebenwirkungen
  • Unzureichendem Ansprechen  auf Glukokortikoid-Therapie

 

Biologika

  • PMR-Patienten sollen nicht mit TNFα-blockierenden Substanzen behandelt werden.[2]

HintergrundINFO: "Es liegt derzeit (Anm. 2018) nur eine Studie zur Behandlung von PMR-Patienten mit Tocilizumab vor, die ein positives Ergebnis zeigte. Aufgrund der kleinen Fallzahl und der geringen methodischen Qualität kann daraus noch keine Empfehlung zum Einsatz von Tocilizumab bei der PMR abgeleitet werden"[2] S:24

Therapie-Kontrollen

  • alle 4 bis 8 Wochen im ersten Jahr,
  • alle 8 bis 12 Wochen im zweiten Jahr
  • bei Rezidiven und bei Nebenwirkungen,
  • nach Absetzen der medikamentösen Therapie

Literatur:

[1] https://www.dgn.org/leitlinien/2405-ll-67-2012-diagnostik-und-differenzialdiagnose-bei-myalgien

[2] https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/060-006l_S3_Polymyalgia-rheumatica_2018-05.pdf

erstellt 1-2020