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Brustkrebs

von: Christoph Fischer

Häufigkeit:

  • In der Altersgruppe der 30- bis 34-jährigen Frauen erkrankt eine von 5.000 Frauen während des folgenden Jahres an Brustkrebs,
  • in der Altersgruppe der 50- bis 55-jährigen Frauen rund eine von 600.
  • Das Risiko steigt kontinuierlich bis zu etwa einer von 300 für Frauen in der Alters­gruppe von 75 bis 79 Jahren an[1]

Risikofaktoren

  • Alter: Eine 70-Jährige hat ein 3fach höheres Risiko im Vergleich zu einer 40-Jährigen
  • Hormonersatzbehandlung: In der britischen „Million Women Study“ zeigte sich ein starker Zusammenhang zwischen Dauer einer Hormonersatztherapie und Erkrankungsrisiko.[2]
  • Adipositas: epidemiologische Studien legen einen potentiellen Zusammenhang zwischen Adipositas und postmenopausalem Brustkrebsrisiko nahe.[3]
  • Strahlenbelastung: Wer häufig Strahlen ausgesetzt ist, hat ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Von der Mammographie geht deshalb selbst ein (geringes) Risiko für Brustkrebs aus.
  • späte Erstgebärende (30+)
  • frühe Menarche
  • erbliche Faktoren: Familiär gehäufte Mamma- und Ovarialkarzinome weisen meist auf die BRCA1/2-Gen-Mutation hin.

 

Das Brustkrebs-Sterberisiko im Vergleich zu anderen Todesursachen

Von 1.000  50-jährigen Frauen sterben innerhalb von 10 Jahren

 Todesursache

Nichtraucherinnen

Raucherinnen

 Brustkrebs ohne Mammographie

4

4

 Brustkrebs mit Mammographie

3

3

 Gebärmutterhalskrebs

1

1

 Darmkrebs

2

2

 Lungenkrebs

2

21

 Herzinfarkt

6

19

 Gesamtmortalität

21

80

HintergrundINFO: Die Brustkrebsmortalität sinkt um 0,7 / 1000 Frauen nach 10 Jahren Screening, deshalb finden Sie öfters 1 von 1000, durch Aufrundung von 0,7 auf 1, oder 1 von 2000 durch Abrunden von 1,4 auf 1!

Die Mammographie

 

Möglicher Nutzen

Die regelmäßige Teilnahme am Mammographie-Screening kann Brustkrebs nicht verhin­dern, möglicherweise jedoch das Risiko senken, daran zu sterben. Eine Metaanalyse ergab:

  • Wenn 2.000 Frauen 10 Jahre lang regelmäßig zum Screening gehen, wird eine[4] Frau einen Nutzen daraus ziehen, da sie nicht an ihrem Brustkrebs stirbt, weil er durch das Screening früher erkannt wurde.
  • Für einige Frauen werden Operation und Nachbehandlung weniger ausgedehnt ausfal­len, weil das Screening einen Brustkrebs früher erkannt hat.
  • Für viele Frauen ist es eine Beruhigung, zu erfahren, dass sie einen unauffälligen Mam­mographiebefund haben.

 

Möglicher Schaden[5]

  • Die Brust wird zur Röntgenaufnahme zwischen zwei Platten gepresst. Dies dauert zwar nur kurz, aber für etwa die Hälfte der Frauen ist das schmerzhaft.
  • Es werden auffällige Befunde gestellt, die sich erst im Laufe von Tagen und Wochen als so genannte „falsch positive“ Befunde herausstellen – die Frauen sind trotz auffälligen Befunds gesund.
  • Nicht alle Fälle von Brustkrebs werden durch das Röntgenbild entdeckt. Ein „falsch ne­gativer Befund“ bedeutet, dass die Patientin negativ getestet wurde, also dem Test nach gesund ist, obwohl sie krank ist; dies betrifft rund eine von 1.000 an der Mammographie teilnehmenden Frauen.
  • Überdiagnosen: Mit Mammographie werden auch Tumore gefunden und behandelt, an denen die Frauen nie erkrankt wären, etwa eine von 200 Frauen ist davon betroffen.[6]

Mammographie redzuiert die Gesamtmortalität nicht!

  • Zwar sinkt die Sterblichkeit an Brustkrebs durch Mammographie
  • (NNS=1.428/10 Jahre),
  • die Gesamtmortalität sinkt jedoch nicht!

 

Überdiagnosen/Übertherapie

  • Mammographie entdeckt auch Tumore, die aufgrund ihres langsamen Wachstums nie zu einer schwerwiegenden Krebserkrankung geführt hätten (Überdiagnose).
  • Da es jedoch nicht möglich ist, zwischen den gefährlichen und den harmlosen Zellveränderungen und Krebsformen zu unterscheiden, müssen derzeit alle behandelt werden.
  • Deshalb werden mehr Frauen ihre Brüste verlieren (Übertherapie), wenn ein Screening-Programm besteht, als wenn es keines gibt. Den betroffenen Frauen wird man entweder einen Teil oder die ganze Brust abnehmen, häufig werden sie nachbestrahlt, manchmal auch einer Chemo­therapie unterzogen.
  • Diese Behandlungen erhöhen für die an sich gesunden Frauen das Risiko, z. B. an Herzkrankheiten oder einer anderen Krebserkrankung zu sterben[7].
  • Grundsätzlich sind sich die Experten einig, dass Überdiagnosen beim Mammogra­phie-Screening unvermeidlich sind. In der verfügbaren Literatur werden die Zahlen der Überdiagnosen mit einer Schwankungsbreite von 1 bis 30 % der im Screening diagnosti­zierten Brustkrebsfälle angegeben.
  • Aus wissenschaftlicher Sicht ist derzeit nicht eindeutig zu entscheiden, welche Zahlen die Realität am besten abbilden[8]. Nach 5 Screening-Runden (über 10 Jahre) könnten dies bei 2.000 Frauen zwischen 1 und 18 Überdiagnosen sein.

 

 

Mammographie-Empfehlungen

2005 gab die Sozialversicherung das Handbuch „Vorsorgeuntersuchung neu, wissenschaftliche Grundlagen“ heraus, welches sich evidenzbasiert mit der Mammographie-Frage beschäftigte.

Hier die Kernaussagen des Handbuches

  • Das Mammographiescreening sollte allen Frauen zwischen 40 und 70 einem Intervall von zwei Jahren angeboten und von einem Einladungs- und Wiedereinladungssystem unterstützt werden
  • Der Zeitraum zwischen 40 und 50 Jahren ist wissenschaftlich umstritten
  • Die Frau selbst entscheidet, ob sie dieser Einladung zur Vorsorgeuntersuchung Folge leisten will oder nicht
  • Eine wahrheitsgetreue, transparente und verständliche Vermittlung von Nutzen und möglichem Schaden des Brustkrebsscreenings ist die Grundlage für eine adäquate Entscheidungsfindung der Frauen.
  • Untersuchte haben ein Recht, wissenschaftliche Ergebnisse so dargestellt zu bekommen, dass sie eine informierte Entscheidung treffen können.
  • Diese Ergebnisse müssen unter gleichwertiger Betonung des möglichen Nutzens, des fehlenden Nutzens bzw. des möglichen Schadens vermittelt werden.

Das Hardingzentrum für Risikokompetenz gibt als Information eine Faktenbox heraus.

 

Faktenbox Brustkrebsfrüherkennung[9]

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2014 wurde in Österreich ein Einladungs- und Recall-System eingeführt, das Frauen zwischen 45 und 69 Jahren alle 2 Jahre einlädt.

 

Literatur:

[1] Püringer, U et al.: Vorsorge Neu – Internat. wiss. Grundlagen zum Programm der Österreichischen Vor­sorgeuntersuchungen. HG: Wissenschaftszentrum Gesundheitsförderung/Prävention der VAEB, Mai 2005  

[2] Million Women Study Collaborators „Breast cancer and hormone-replacement therapy in the Million Women Study“ Lancet 2003; 362: 419-27

[3] Carmichael AR, Bates T; „Obesity and breast cancer: a review of the literature“ Breast. 2004 Apr; 13 (2): 85-92

[4] Die sich aus den Studien ergebende rechnerisch exakte Angabe lautet 1,4 Frauen.   

[5] Gøtzsche PC et al., Nordisches Cochrane Zentrum: „Screening für Brustkrebs mit Mammographie“, Nov. 2012, Übersetzung von René Grosheintz-Laval. © The Cochrane Collaboration

[6] https://www.harding-center.mpg.de/de/faktenboxen/krebsfrueherkennung/brustkrebs-frueherkennung

[7] (Un)typische Brustschmerzen nach Bestrahlung eines Mamma-Karzinoms: kardiale Ischämie! ZFA, 11/2013 | Neue Krebszellen durch Therapie – Salzburger Nachrichten 17. 08. 2012   

[8] Mammographie-basierte Brustkrebsfrüherkennung - Recherche und Aufbereitung von Kennzahlen für eine informierte Entscheidung, Medizinische Universität Graz, EbM-Review-Center 2013  

[9] https://www.harding-center.mpg.de/de/faktenboxen/krebsfrueherkennung/brustkrebs-frueherkennung

erstellt 1-2020