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Depression - Algorithmus für die Praxis

von: Christoph Fischer

Diagnosestellung

Depression Diagnose

[1]

  • Liegen mindestens 2 Haupt- und 2 Nebensymptome vor sollte geklärt werden
  • ob diese eher einer depressiven Symptomatik oder einer anderen psychischen Störung zuzuordnen sind (Differenzialdiagnostik).

Depression ist eine Ausschlussdiagnose

   Ausschluss:

  • organische Ursache  (z.B. chronische Schmerzen, Schilddrüsenunterfunktion..)
  • hirnorganische Ursache
  • Gebrauch oder Missbrauch psychotroper Substanzen (C2, Drogen)

Sind diese Ursachen ausgeschlossen, kann die Diagnose einer depressiven Episode gestellt werden

Ambulant oder stationär?

     Notfalleinweisung wenn (NVL 33):

liegt keine Suizidalität vor

Auswahl der Therapiestufe

  • für die Auswahl der Therapiestufe und für die Überprüfung, 
  • ob die begonnen Therapie wirksam ist,
  • eignen sich Depressions-Skalen wie das Beck Depressionsinventar.

 

Beck Depressionsinventar online

Resultat des Tests in der Kartei dokumentieren

Psychotherapie - Pharmakotherapie - oder beides?

  • Nichtmedikamentöse Behandlungen können bei leichten und mittelschweren Depressionen  alternativ statt Antidepressiva
  • oder zusätzlich zu Antidepressiva eingesetzt werden,
  • bei schweren Depressionen sollen unbedingt beide Behandlungsmethoden kombiniert werden!

 

Depression psychotherapie oder Pharma

 

Psychoedukation                                       

 

4 Kriterien für die Auswahl des Antidepressivums

  • Hat der Patient schon gute Erfahrungen mit einer Substanz
  • Bestehen Kontraindikationen oder Einschränkungen durch Begleiterkrankungen
  • Gibt es erwünschte Nebenwirkungen
  • Welche Nebenwirkungen sind für den Patienten inakzeptabel

1. Gute Erfahrungen mit einer Substanz

  • Wenn der Patient schon einmal ein Antidepressivum genommen hat
  • Es geholfen ihm/ihr hat
  • Und es vertragen wurde
  • So sollte man bei dieser Substanz bleiben (Bschor 177)

2. Kontraindikationen/ Einschränkungen für bestimmte Stoffklassen prüfen

jüngere Menschen, insbesondere mit suizidalen Tendenzen

SSRI

Blutungsrisiko ( AK-Therapie, Blutung, HAS-Bleed)

SSRI

Demenz

Trizyklika

Herzinsuffizienz

Trizyklika

Benigne Prostata-Hyperplasie

Trizyklika

Gaukom

Trizyklika

Epilepsie

Bupropion (Wellbutrin®)

Adipositas, Diabetes

Mirtazapin, Mianserin

(Bschor 177)

3. Welche Nebenwirkungen sind erwünscht?

Müdigkeit bei Schlafstörung

Trizyklika: Amitriptylin (Saroten®)

und Nortriptilen (Nortrilen®)[2]

SSRI: Trazodon (Trittico®)

 2. Wahl wg. Agranulozytose-Risiko Mitrazapin

Gewichtszunahme bei Apetittlosigkeit und Gewichtsverlust

Mirtazapin (NVL 71)

Venlafaxin

Lithium (NVL 183)

Reduktion Insulinbedarf bei DM

SSRI (NVL 144)

4. Welche Nebenwirkungen sind für den Patienten inakzeptabel?

Gewichtszunahme

meiden: Mirtazapin, Mianserin,

Sexuelle Störung

meiden: SSRI, SNRI,

insbesondere Venlafaxin (NVL 71)

Dosierungsempfehlungen

 

Substanz

Anfangs-dosierung mg/Tag

Standard-

Tagesdosis

mg/Tag

Plasmaspiegel

basal vor Einnahme ng/ml

klassische SSRI &SNRI

Citalopram

20

40

50-110

Sertalin

50

50-100

10-150

Duloxetin

30-60

60

30-120

Venlafaxin

37,5-75

60

30-120

tri- & tetrazyklische Antidepressiva

Amitriptylin

25-50

75-300

80-200

Maprotilin

(Ludiomil®)

25-50

75-225

75-130

Autorezeptorblocker

Trazodon (Trittico®)

50-100

200-400

650-1500

Mirtazapin

15

15-45

30-80

andere Stoffgruppen

Bupropion (Wellbutrin®

150

150-300

225-1500

Moclobemid (Aurorix®)

150

300-600

300-1000

Lithium (Quilonorm®)

8-12

nach Plasmaspiegel

 0,6-0,8 mmol/l

  • Ziel der Behandlung ist es die Standarddosis so rasch als möglich zu erreichen
  • Jüngere können bei klassischen SSRI direkt mit der Standarddosierung starten
  • Bei den übrigen muss aus Verträglichkeitsgründen mit einer niedrigen Startdosis begonnen werden
  • Hierdurch ergibt sich eine Aufdosierungsphase (Bschor 181)

Einnahme 1x täglich

  • Bei Antidepressiva kann die gesamte Tagesdosis einmal am Tag eingenommen werden
  • Bei sedierenden Antidepressive vor dem Schlafen gehen
  • Die übrigen Antidepressiva am Morgen.
  • Bei Antidepressiva (ausgenommen SSRI) soll die Aufdosierung ab dem 2. Behandlungstag beginnen
  • Grundsatz: so kurz wie möglich, so rasch wie verträglich.
  • Da in der Aufdosierungsphase noch keine zuverlässige Wirksamkeit besteht,
  • ist die Aufdosierung verlorene Zeit für die Behandlung

keine Aufdosierung bei SSRI

  • SSRI können / dürfen nicht aufdosiert werden,
  • sie haben keine Dosis-Wirkungs-Beziehung!
  • Das bedeutet eine höhere Dosierung wirkt nicht besser,
  • abwer das Risiko für UAW steigt stark! (Bschor 190)

Die Stoppuhr läuft!

  • Sobald die Standarddosis erreicht ist beginnt die Phase der Wirklatenz,
  • diese beträgt 3-4 Wochen, bei älteren Menschen kann sie 6 Wochen betragen.
  • Legen Sie mit dem Patienten fest ob sie 3 – 4 oder 6 Wochen warten wollen,
  • am Ende der Wirklatenz steht der Entscheidungstag!

Zwischenkontrollen

  • Es geht in der Latenzzeit nicht um die Frage ob das Antidepressivum hilft!!!
  • Es soll 1 x in der Woche geprüft werden:
  • ob sich die Depression zwischenzeitlich verschlechtert hat
  • ob Suizidgedanken bestehen
  • ob die Nebenwirkungen unerträglich sind, aber...
  • es lohnt sich oft durchzuhalten, Übelkeit und Schwindel vergehen meist nach ein paar Tagen!

Der Entscheidungstag ist da!

  • Am Entscheidungstag sollte bewertet werden ob der Patient auf das Medikament angesprochen hat
  • „Angsprochen“ bedeutet nicht, dass alle depressiven Symptome verschwunden sein müssen,
  • das kann auch bedeuten, dass sich zumindest einige Symptome deutlich abgemindert haben
  • Solche Einschätzungen sind mitunter schwierig, deshalb wurde vor Behandlungsbeginn
  • Das Beck-Depressions-Inventar erhoben – wiederholen Sie den Test jetzt! (Bschor 181-4)

Wie geht es weiter, wenn das Antidepressivum hilft?

  • Wenn der Patient auf die Behandlung angesprochen hat,
  • sollte er das Medikament in gleicher Dosis weiternehmen,
  • es ist wahrscheinlich, dass sich die Depression dann vollständig bessert.

Erhaltungstherapie

  • Über die vollständige Besserung hinaus
  • sollte das Mittel 6 – 9 Monate weiter genommen werden,
  • dann sollte das Medikament ausschleichend
  • über 4-6 Wochen abgesetzt werden.

Was tun, wenn das Antidepressivum nicht hilft?

  • Wenn nach 3 – 6 Wochen die depressiven Beschwerden unverändert sind,
  • sollte die Medikation geändert werden.
  • Das ist keine Selbstverständlichkeit
  • Nicht selten wird sie trotzdem Jahre weiter genommen. (Bschor 188)

Mögliche Behandlungsstrategien

erstellt 2-2020