/Vorwort /kurze Einführung in die EBM kurze Einführung in die EBMWir versuchen problemorientiertes Lernen (POL) in kleinen Schritten, an Hand eines "sensationellen" Artikels, die Studie wurde auf den DGK Herztagen 2019 als "breaking News" vorgestellt:
Kardiologie.org
Nachrichten 01.09.2019
Herzinsuffizienz: Dapagliflozin reduziert Klinikeinweisungen und Todesfälle
- „Das Risiko für den kombinierten primären Studienendpunkt
- klinische Verschlechterung der Herzinsuffizienz und kardiovaskuläre Mortalität
- wurde durch Dapagliflozin im Vergleich zu Placebo relativ um 26% reduziert
- HR 0.74; (95% CI, 0.65 - 0.85; P<0.001) “[1]
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Hazard -Ratio (HR)
- HR 0.74; (95% CI, 0.65 - 0.85; P<0.001)
- "Hazard" bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis innerhalb eines definierten Zeitraums eintritt.
- Die Hazard Ratio entspricht dem Verhältnis der Ereignis-Raten zweier Gruppen.
- Die Hazard Ratio (HR) wird häufig bei klinischen Studien verwendet.[2]
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- HR = 1 bedeutet, dass es keinen Unterschied zwischen zwei Gruppen gibt.
- HR > 1 bedeutet, dass die Interventions-Gruppe ein größeres Risiko hat
- HR < 1 bedeutet, dass das Risiko zu erkranken für Interventions-Gruppe kleiner ist.
- HR 0.74; (95% CI, 0.65 - 0.85; P<0.001)
Relatives Risiko (RR)
- „…wurde durch Dapagliflozin im Vergleich zu Placebo relativ um 26% reduziert“
- 1,00 minus 0,74 = 0,26 x 100 = 26%
- Die Dapagliflocin-Patienten hatten ein 26% geringeres relatives Risiko (RR)
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p-Wert
- HR 0.74; (95% CI, 0.65 - 0.85; P<0.001)
- unter der Irrtumswahrscheinlichkeit p(engl. Power) versteht man die zahlenmäßig ausgedrückte Wahrscheinlichkeit,
- dass sich ein Ergebnis einer statistischen Analyse substanziell vom Ergebnis der Grundpopulation unterscheidet.
- Die Werte werden zwischen 0 und 1 angegeben.
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- p ≤ 0,05 Irrtumswahrscheinlichkeit < 5%.(signifikant)
- p ≤ 0,01 Irrtumswahrscheinlichkeit < 1% (sehr signifikant)
- p ≤ 0,001 Irrtumswahrscheinlichkeit <1‰ (höchst signifikant)
Vertrauensintervall
- HR 0.74; (95% CI, 0.65 - 0.85; P<0.001)
- wenn man denselben Versuch 100 x durchführte,
- würden 95 der Resultate zwischen 35% und 15% relativer Risiko-Reduktion ergeben
- 5 Resultate lägen außerhalb dieses Bereiches
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Ein anderes Beispiel: SEARCH-Studie
- Risk Ratio 0,99; 95% CI 0,91-1,09[3]
- Im Schnitt ist das Risiko in der Interventionsgruppe um 1 % niedriger
- wenn man die selbe Studie 100 x durchführte,
- würden 95% der Resultate zwischen 9% Risiko-Reduktion
- und 9% Risiko-Erhöhung ergeben.
- Solche Resultate bezeichnet man als „nicht signifikant“
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Was hat die SEACH-Studie geprüft?
- Es wurde der Nutzen
- von 80 mg Simvastatin (Interventionsgruppe)
- mit 40 mg (Kontrollgruppe) verglichen
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Die absolute Risiko-Reduktion von Dapagliflocin
HR 0.74; (95% CI, 0.65 - 0.85; P<0.001) RR 26%
Primärer Endpunkt Verum-Gruppe |
16,3% der Teilnehmer |
Primärer Endpunkt Placebo-Gruppe |
21,2% der Teilnehmer |
Absolute Risiko-Reduktion = 21,2 – 16,3% |
4,9% |
The Number needed to treat (NNT)
WHO-Studie (Clofibrat)
- Clofibrat wird 5 Jahre mit Plazebo verglichen,
- Ergebnisse nicht tödliche Infarkte:
- Clofibrat 131 Ereignisse
- Placebo 174 Ereignisse
- HR = 100: 174 x 131 = HR 0,75 RRR 25%
Sensation: Bezafibrat verringert Infarkte um 25%!
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Wie groß ist der tatsächliche Nutzen?
- nicht tödliche Infarkte
- Clofibrat 131 Herzinfarkte
- Placebo 174 Herzinfarkte
- Differenz 43 Herzinfarkte weniger unter Clofibrat!
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Die Zahlen aus der WHO-Clofibrat-Studie
- Aus 30.000 Männern in Edinburg, Prag und Budapest
- werden 10.000 mit den höchsten Cholesterinwerten ausgewählt.
- Clofibrat wird 5 Jahre mit Plazebo verglichen,
- 10.000 : 43 = 233
- 233 Männer müssen 5 Jahre mit Clofibrat behandelt werden um 1 Herzinfarkt zu vermeiden NNT = 232/5 Jahre
- NNT = 1.163 /1 Jahr (233 x 5)
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Kombinierte Endpunkte
WHO-Clofibtat-Studie kombinierter Endpunkt nicht tödliche Infarkte + Gesamtmortalität
- Clofibrat 252 Ereignisse
- Placebo 261 Ereignisse
- HR = 100 : 261 x 252 = HR 0,965 RRR 3,5%
- number needed to treat 10.000 : 9 x 5 NNT =5.555 zu Verhütung Herzinfarkt oder Tod/Jahr
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[4]
Kommentar: Diesen kombinierte Endpunkt Herzinfarkte + Todesfälle hat es in der WHO-Studie nie gegeben, er sollte nur die Problematik veranschaulichen! Hinter einem schwach positiven Gesamt-Resultat, könnte sich ein starker Anstieg der Sterblichkeit verbergen. Studien die die Gesamtmortalität prüfen sind sicherer als solche mit "weichen" und kmbinierten Endpunkten.
Dapagliflocin die kompletten Daten
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verum versus placebo
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Absolute Risiko-Reduktion
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klinische Verschlechterung der Herzinsuffizienz
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10,0% versus 13,7%)
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ARR 3,7%
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kardiovaskuläre Mortalität
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9,6% versus 11,5%
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ARR 1,9%
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kombinierter primärer Endpunkt
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16,3% versus 21,2%, HR 0.74; (95% CI, 0.65 - 0.85; P<0.001)
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ARR 4,9%
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Gesamtmortalität
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11.5 versus 13,9% HR 0.83; (95% CI 0,71 – 0,97 p: NA)
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ARR 2,4%
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Gesamtmortalität / 1 Jahr
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ARR 1,6%
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(Mediane Beobachtungsdauer 18 Monate ARR : 18 x 12)[5]
Gesamtmortalität ARR 1,6% / Jahr
Number needed to treat = 100 : 1,5 NNT = 63/Jahr

HintergrundINFO: beide Grafiken zeigen die selben Daten, in der oberen ist der Bereich der Mortalität zwischen 0 und 30% gespreizt, die untere Grafik zeigt Sterberate in Kontrollgruppe (rot) und Interventionsgruppe (blau) und den Unterschied unverzerrt.
Welche klinischen Endpunkte sind entscheidend?
Bis zu welcher NNT ist eine Behandlung sinnvoll?
- Eine absolute Antwort kann es nicht geben.
- um einem Patienten mit schwerer Hüftarthrose die Lebensqualität zu verbessern, muss 1 Patient operiert werden NNT = 1
- Innerhalb von 3 Monaten nach der Hüft-TEP sterben 0,29% der Patienten, NNH = 345.
- NNT und NNH erleichtern eine partizipatvive Entscheidungsfindung im Gespräch zwischen Arzt und Patienten
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HintergrundINFO: Mit zunehmendem Alter wird die Zahl der Erkrankungen und Erkrankungsrisiken immer größer. Die zwingt Ärzte dem Einzelnen eine immer größere Anzahl von Dauermedikamenten zu verschreiben. Die Pharmakovigilanz sagt uns, dass bei gleichzeitiger Anwendung von > 7 Wirkstoffen schwerwiegende UAW´ unvermeidlich werden. Deshalb sind wir gezwungen wichtiges primär zu verordnen und müssen uns bewusst beschränken.
Literatur
[1] https://www.kardiologie.org/esc-kongress-2019/herzinsuffizienz--dapagliflozin-reduziert-klinikeinweisungen-und/17126936
[2] Altmeyers Enzyklikopädie https://www.enzyklopaedie-dermatologie.de/dermatologie/hazard-ratio-16216
[3] https://www.arznei-telegramm.de/html/htmlcontainer.php3?produktid=028_01&artikel=1103028_01k
[4] Bachler H, Fischer C; Leitfaden Allgemeinmedizin 2016 Kapitel 7.9.1
[5] https://www.kardiologie.org/esc-kongress-2019/herzinsuffizienz--dapagliflozin-reduziert-klinikeinweisungen-und/17126936
erstellt 10-2019 |