/Infekte in der AM /Harnwegsinfekte /unkomplizierte Cystitis Langfassung unkomplizierte Cystitis Langfassungvon: Christoph FischerSuchbegriffe: Brennen beim Wasserlassen, Cystitis, Zystitis, Blasenentzündung Eine Infektion der Harnwege bei nicht-schwangeren, erwachsenen Frauen wird als unkomplizierter Harnwegsinfekt bezeichnet. Diese Frauen haben Brennen beim Wasserlassen, häufigen Harndrang, aber weder Fieber noch Nierenschmerzen. Häufigkeit: Blasenentzündung ist eine häufige Erkrankung. Von 15 jungen Frauen bekommt etwa eine pro Jahr einen HWI, bei über 75-Jährigen ist es etwa eine von 7. Junge Männer sind nur sehr selten betroffen: etwa einer von 200 pro Jahr, einer von 20 älteren Männern >75 erkrankt jährlich. Nach einem HWI ist ein neuerlicher Infekt häufig, jede zweite bis dritte junge Frau bekommt innerhalb eines halben Jahres einen weiteren HWI. Diagnostik:Bei vielen beschwerdefreien Menschen lassen sich Bakterien im Harn nachweisen, bei einer von 18 jungen Frauen, bei einer von 5 Frauen über 70, bei jedem vierten männlichen Altersheimbewohner, bei jeder zweiten bist dritten Bewohnerin eines Altersheimes und nach wenigen Wochen praktisch bei jedem Patienten mit Dauerkatheder. Eine asymptomatische Bakteriurie soll nicht antibiotisch behandelt werden, deshalb ist eine Harnuntersuchung nur bei Vorliegen von Blasenbeschwerden sinnvoll! Bei typischen Beschwerden (Brennen beim Wasserlassen und häufiger Harndrang) und wenn kein Ausfluss aus der Scheide vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines unkomplizierten Harnwegsinfektes so hoch, dass der zusätzliche Einsatz eines Teststreifens nur zu einer unwesentlichen Verbesserung der Diagnosesicherheit führt. In diesem Fall wird eine Behandlung ohne Urinuntersuchung allein aufgrund des ärztlichen Gespräches empfohlen. Ein negativer Harnstreifentest schließt eine Blasenentzündung nicht aus.Wenn die Diagnose eines Harnwegsinfektes nicht so klar ist, etwa nur häufiger Harndrang ohne Brennen beim Wasserlassen besteht, kann ein Teststreifen die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose eines Harnwegsinfektes erhöhen, wenn:
In diesen Fällen ist ein Harnwegsinfekt sehr wahrscheinlich, eine entsprechende Behandlung kann ohne weitere Diagnostik durchgeführt werden. Behandlung:Die unkomplizierte akute Blasenentzündung der Frau ist eine selbstlimitierende Erkrankung, die antibiotische Behandlung dient nur der raschen Symptomlinderung. Auch häufig auftretende unkomplizierte Blasenentzündungen der Frau bedürfen keiner umfangreichen Abklärung. Es gibt derzeit weder das ideale Harnwegsantibiotikum, noch das ideale Anwendungsschema, es existieren zahlreiche divergierende Leitlinien. Durch die Antibiotika-bedingte Veränderung der Scheiden- und Darmflora werden Rezidive begünstigt. Deshalb wird vielfach die Kurzzeitbehandlung über 3 Tage einer konventionellen Antibiose über 5–7 Tage vorgezogen. Die Abheilungsraten erreichen 90 % der konventionellen Therapie, die Rezidivrate wird aber mit 1/3 weit geringer angegeben.
Resistenzraten im hausärztlichen Bereich
HintergrundINFO: Bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird keine mikrobiologische Diagnostik empfohlen. Erhobene Labordaten zeigen aufgrund von Selektionseffekten oft höhere Resistenzraten als bei unselektierten Patientinnen gefunden werden. In der Tabelle sind die Resistenzdaten aus einer Beobachtungsstudie im hausärztlichen Setting dargestellt. In der REHIP Studie (Resistenzsituation bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen in der Primärversorgung) wurden im Jahre 2011 die Erreger unkomplizierter Harnwegsinfektionen aus 40 Hausarztpraxen in Niedersachsen und Bremen ermittelt.[2] 1. Wahl Furadantin hat eine sehr niedrige Resistenzrate, wird für keine schwerwiegenden anderen Infektionen benötigt (Resistenzentwicklung) und scheint damit 1. Wahl Pivmecillinam (Selexid®) wurde in der REHIP-Studie nicht geprüft. 3 Tage 2 x 400mg Pivmecillinam waren gleich wirksam wie eine 3-Tages-Therapie mit einem Chinolon. Die 7-tägige Anwedung von 2x 200 mg ist der 3-tägigen überlegen, es wird praktisch ausschließlich für die Therapie der unkomplizierten Zystitis bei Frauen empfohlen. Aufgrund niedriger Resistenzraten und Kollateralschäden kann Pivmecillinam als ein Mittel der 1. Wahl in der empirischen Behandlung der unkomplizierten Zystitis bei Frauen eingesetzt werden[3] 2. Wahl Thrimethoprim hat mit 17,5% eine noch vertretbare Resistenzrate (<20%), wird für keine schwerwiegenden anderen Infektionen benötigt (Resistenzentwicklung) und scheint damit sinnvolle 2. Wahl. Wenn in den letzten Wochen und Monaten Furadantin angewendet wurde, ist es auch als 1. Wahl denkbar. Fosfomycin hat eine ähnlich niedrige Resistenzrate wie Furadantin, aber es wird nicht nur zur Therapie von Harnwegsinfektionen, sondern auch in Kombination zur Therapie schwerer Infektionen, z. B. in Kombination mit Vancomycin zur Therapie von Infektionen durch MRSA, eingesetzt (DEGAL-LL S: 31). In der Allgemeinpraxis wird es z.B. zur 1x täglichen i.v. Infusion bei eitrigen Komplikationen in großen Gelenken angewendet. In Hinblick auf die - bei Kurzzeitanwendung eher geringe - Gefahr einer Resistenzentwicklung haben wir es daher unter den empfohlenen Mitteln als 2. Wahl gereiht. letzte Wahl Ciprofloxacin sollte auf keinen Fall empirisch gegeben werden, bleibt Mittel der letzten Wahl, wenn im Antibiogramm keine andere Substanz wirksam ist. Literatur: Patienteninformation Blasenentzündung Zystitis Lanfassung, Kinder, Schwangere, Männer, Pyelonephritis siehe Unterkapitel Patienteninformation Bakterien im Harn [1] https://www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/DEGAM-S3-Leitlinien/053-001_Brennen%20beim%20Wasserlassen/053-001l_Brennen%20Wasserlassen_Langversion_29-08-18.pdf Seite: 29 [2] Schmiemann G, Gagyor I, Hummers-Pradier E, Bleidorn J. Resistance profiles of urinary tract infections in general practice - an observational study. BMC Urology. 2012; 12: 33. [3] DEGAM-S3-Leitlinie S:33 erstellt: 2018, überarbeitet 1-2020
|
||||||||||||||||||