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Selen

von: Christoph Fischer

Suchbegriffe: Selen, Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz, vegan, vegetarisch, Dialyse, Anorexie, Malabsorption, Laxantien, Stillen, Verbrennungen, Proteinurie

Klinisches Bild von Selenmangel

  • Veränderungen der Nägel, schuppige Haut,
  • Blutarmut,
  • verminderte Qualität des Spermas,
  • Leberschädigungen,
  • Wachstums- und Knochenbildungsstörungen schmerzhafte Funktionsstörungen und strukturelle Erkrankungen der Muskulatur,
  • Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche.

Risiko für einen Selenmangel aufgrund verminderter Zufuhr

 reiner Vegetarismus (Veganer),
 extrem einseitige Ernährung (zum Beispiel Alkoholiker),
 Ernährung mit Sondenkost,
 Parenterale Ernährung,
 Dialyse,
 Hungern,
 Anorexia nervosa oder Bulimie.



Risiko für einen Selenmangel aufgrund erhöhter Verluste

 lang anhaltender Durchfall,
 Maldigestion oder Malabsorption
 Laxantienabusus (Missbrauch von Abführmitteln),
 Proteinurie bei Nephrotischem Syndrom,
 Diabetes insipidus,
 Behandlung mit Diuretika (harntreibenden Arzneimitteln), starken Blutungen
 lang anhaltendes Stillen,
 schwere Verbrennungen

Labor

Selengehalt im Blutplasma (NW > 50mcg)

Selenoprotein1 (SEPP1)  (NW 2,18-3,49) mg/L*

* (dänische Durchschnittswerte) diese Werte haben jedoch wenig Aussagekraft:

Hintergrund-INFO: Die optimale Menge an Selen zur Versorgung des menschlichen Körpers ist bis heute nicht bekannt. Bei Selenmangel wird die Ausscheidung von Selen über Harn und Stuhl verringert, im Rahmen von Entzündungen oder Infektionskrankheiten
kommt es zu einer Umverteilung von Selen aus dem Blut in andere Bereiche des Körpers (beispielsweise Muskulatur). Der gemessene Plasmaspiegel korreliert daher nicht mit dem im Körper zur Verfügung stehenden Selen-Pool. Für Säuglinge, Kinder und Jugendliche gibt es keinen verlässlichen Indikator, beim gesunden Erwachsenen scheint laut European Food Safety Authority, Selenoprotein P (SEPP1) eines von 25 Selen-Proteinen am ehesten mit der Selenversorgung zu korrelieren(1). SEPP1 wird in der Leber synthetisiert, schon geringe Konzentrationen sind ausreichend, um die Selenmangeldefekte zu beheben. Proinflammatorische Zytokine vermindern jedoch die Transkription von SEPP1, daher sinkt der SEPP1-Spiegel bei Entzündungen, Sepsis und schweren Blutungen.(2)

Der durchschnittliche SEPP1-Gehalt von 800 gesunden Probanden eines dänischen Sportvereins lag bei 2,72 (2,18-3,49) mg/L, Der durchschnittliche Selengehalt lag bei 98,7±19,8 μg/L, die Korrelation zwischen den beiden Parametern war schwach signifikant (r=0,18 nach Pearson) Männer hatten gering höhere Werte, zusätzlich stiegen sie mit dem Alter an. Der Selengehalt ist auch stark abhängig von der Selenkonzentration der Böden, gesunde Japaner liegen durchschnittlich bei bei 3,4 mg, gesunde US-Amerikaner 5,5 mg SEPP1/L

Gesicherte Indikationen für Selengabe

 nachweislicher Selenmangel
 „seborrhoische Dermatitis“ zur lokalen Anwendung

Kein Nutzennachweis für Selengabe

 M. Hashimoto(3)
 Vorbeugung von Prostata-Ca (Select-Studie)
 Melanom-Vorbeugung (Select-Studie)
 allgemeine Krebsvorbeugung(4)
 Sepsis(5)

Selen-Supplementierung scheint das Diabetesrisiko zu erhöhen. Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 7,7 Jahren betrug die Inzidenz von neu aufgetretenen Diabetesfällen in der Selen-Gruppe 12,6 und in der Placebogroppe 8,4 pro 1000 Personenjahre(6) 

HintergrundINFO: In der Select-Studie entwickelten: in der Kontrollgruppe 529 unter Vitamin E 620 bei Gabe von Selen 575 Männer ein Prostatakarzinom, - allerdings war der Anstieg nur bei Vitamin E signifikant (7)

 

 



Koronare Herzkrankheit: unklare Datenlage

Niedrige Selenwerte im Blut stehen zwar mit einer erhöhten Häufigkeit der Koronaren Herzkrankheit in statistischer Beziehung, die Daten dazu sind aber nicht einheitlich, sodass zum gegenwärtigen Zeitpunkt Vorbeugemaßnahmen mittels selenhaltiger Medikamente nicht empfohlen werden(8)


 Symptome chronische Selenvergiftung (Selenose)

  • Übelkeit
  • Müdigkeit
  • Muskelschwäche
  • wässriger Durchfall und Verlust der Nägel
  • Parästhesien infolge peripherer Neuropathie
  • Haarausfall
  • Hautläsionen

Äthiologie: Kumulation durch langfristig übermäßige Aufnahme (über 0,6 mg täglich) z. B. selenhaltiger Tabletten Inhalation, Nahrungsmittel (über 2 μg pro Gramm) und Trinkwasser.

 

 

 

Literatur:

(1)http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2014.3846/epdf

(2)http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000007942/Dissertation_Hollenbach.pdf 

(3)http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-046l_S2k_erhoehter_TSH_Wert_2017-04.pdf 

(4)Gibt es Indikationen für eine Selengabe? Pharmainformation 20 (2). Innsbruck, Juni 2005,  i-med.ac.at 

(5)Bei Sepsis, schweren Blutungen und Verbrennungen sinken Selen und SEPP1 gegenläufig zu den Akutphaseproteinen, wir messen mit Selen und SEPP1 also einen Surrogatparmeter und nicht die Ursache der Sepsis. 

(6) "Annals of Internal Medicine": http://www.annals.org/cgi/content/full/147/4/217 

(7) Vitamin E and the Risk of Prostate CancerThe Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT) 

(8)https://de.wikipedia.org/wiki/Selenmangel