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Harnwegsinfekte

von: Christoph Fischer

akute unkomplizierte Zystitis

Suchbegriffe: akute unkomplizierte Zystitis, unkomplizierter Harnwegsinfekt, HWI, Blasenentzündung

Definition: Eine Infektion der Harnwege bei nicht-schwangeren, erwachsenen Frauen wird als "akute unkomplizierte Zystitis" bezeichnet.

Häufigkeit: 1 von 15 jungen Frauen/Jahr, 1 von 7 älteren Frauen/Jahr

  Symptome:

  • Brennen beim Wasserlassen,
  • häufiger Harndrang,
  • weder Fieber noch Nierenschmerzen.
  • kein vaginaler Fluor

HintergrundINFO: Brennen beim Wasserlassen ist ein sehr spezifisches Symptom, häufiger Harndrang ist unspezifisch

 

  Untersuchung:  

  • Bei typischer Symptomatik wird eine Behandlung ohne Urinuntersuchung allein aufgrund des ärztlichen Gespräches empfohlen.
  • ein negativer Harnbefund schließt eine Zystitis nicht aus

HintergrundINFO: Wenn die Diagnose eines Harnwegsinfektes nicht so klar ist, etwa nur häufiger Harndrang ohne Brennen beim Wasserlassen besteht, kann ein Teststreifen die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose eines Harnwegsinfektes erhöhen.

  Harnstreifen-Test bei atypischer Symptomatik:

eines der Zeichen positiv

  • Leukozyten und Nitrit
  • nur Nitrit
  • Leukozyten und Hämoglobin
  • In diesen Fällen ist ein Harnwegsinfekt sehr wahrscheinlich, eine entsprechende Behandlung kann ohne weitere Diagnostik durchgeführt werden.

keines der Zeichen positiv

  • HWI fraglich
  • Harnkultur einschicken
  • Ultraschall vor/nach Miktion Überlaufblase?

Harnstreifentest Aussagekraft

Therapie:

  • 1. Wahl
  • Furadantin 2 x 100 mg durch 5-7 Tage oder
  • Trimethoprim 2 x 200 mg  durch 3 Tage oder
  • 2. Wahl
  • Pivmecillinam (Selexid®) 2x 200mg durch 7 Tage
  • Monulril® als Einmaldosis

Resistenzraten im hausärztlichen Bereich

  • prozentualer Anteil sensibler und resistenter Stämme von Escherichia coli für
  • Furadantin,
  • Trimethoprim,
  • Fosfomycin (Monuril®) und
  • Ciprofloxacin
  • bei Patientinnen in der Primärversorgung mit unkomplizierten Harnwegsinfektionen[1]

Resistenzlage

sensibel

resistent

Furadantin

94,2%

2,2%

Trimethoprim

80,8%

17,5%

Fosfomycin (Monuril®)

95,5%

4,5%

Ciprofloxacin

91,3%

8,7%

HintergrundINFO: Bei unkomplizierten  Harnwegsinfektionen  wird  keine  mikrobiologische  Diagnostik  empfohlen. Erhobene Labordaten zeigen aufgrund von Selektionseffekten oft höhere Resistenzraten als bei unselektierten Patientinnen gefunden werden. In der Tabelle sind die Resistenzdaten aus einer Beobachtungsstudie im hausärztlichen Setting dargestellt. In der REHIP Studie (Resistenzsituation bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen in der Primärversorgung) wurden im Jahre 2011 die Erreger unkomplizierter Harnwegsinfektionen aus 40 Hausarztpraxen in Niedersachsen und Bremen ermittelt.[2]

1. Wahl

Furadantin hat eine sehr niedrige Resistenzrate, wird für keine schwerwiegenden anderen Infektionen benötigt (Resistenzentwicklung) und scheint damit 1. Wahl

Thrimethoprim hat mit 17,5% eine noch vertretbare Resistenzrate (<20%), wird für keine schwerwiegenden anderen Infektionen benötigt (Resistenzentwicklung) und scheint damit sinnvolle 2. Wahl.

 

Pivmecillinam wird vom arznei-telegramm als Reservemittel eingestuft.

Pivmecillinam (Selexid®) wurde in der REHIP-Studie nicht geprüft. 3 Tage 2 x 400mg Pivmecillinam waren gleich wirksam wie eine 3-Tages-Therapie mit einem Chinolon. Die 7-tägige Anwedung von 2x 200 mg ist der 3-tägigen überlegen, es wird praktisch ausschließlich für die Therapie der unkomplizierten Zystitis bei Frauen empfohlen. Aufgrund niedriger Resistenzraten und Kollateralschäden kann Pivmecillinam laut DEGAM-S3-LL auch als ein Mittel der 1. Wahl in der empirischen Behandlung der unkomplizierten Zystitis bei Frauen eingesetzt werden[3]

2. Wahl

Fosfomycin wird vom arznei-telegramm als Reservemittel eingestuft.Es hat eine ähnlich niedrige Resistenzrate wie Furadantin, aber es wird nicht nur zur Therapie von Harnwegsinfektionen, sondern auch in Kombination zur Therapie schwerer Infektionen, z. B. in Kombination mit Vancomycin zur Therapie von Infektionen durch MRSA, eingesetzt (DEGAL-LL S: 31). In der Allgemeinpraxis wird es z.B. zur 1x täglichen i.v. Infusion bei eitrigen Komplikationen in großen Gelenken angewendet.  In Hinblick auf die - bei Kurzzeitanwendung eher geringe - Gefahr einer Resistenzentwicklung haben wir es daher unter den empfohlenen Mitteln als 2. Wahl gereiht.  

letzte Wahl

Ciprofloxacin sollte auf keinen Fall empirisch gegeben werden, bleibt Mittel der letzten Wahl, wenn im Antibiogramm keine andere Substanz wirksam ist.

Literatur

Zystitis Lanfassung, Kinder, Schwangere, Männer, Pyelonephritis siehe Unterkapitel

Patienteninformation Blasenentzündung

Patienteninformation Bakterien im Harn

[1] https://www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/DEGAM-S3-Leitlinien/053-001_Brennen%20beim%20Wasserlassen/053-001l_Brennen%20Wasserlassen_Langversion_29-08-18.pdf Seite: 29

[2] Schmiemann G, Gagyor I, Hummers-Pradier E, Bleidorn J. Resistance profiles of urinary tract infections in general practice - an observational study. BMC Urology. 2012; 12: 33.

[3] DEGAM-S3-Leitlinie S:33

erstellt: 2018