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Nierenarterienstenose (NAST)

von: Christoph Fischer

Prävalenz in Autopsiestudien

  • unselektiertes Patientengut 4%,
  • Hypertensiven Patienten 10%,
  • Diabetiker 8%,
  • Patientengruppen mit hohem kardiovaskulären Risiko (Z.n. Schlaganfall, Myokardinfarkt, pAVK, terminale Niereninsuffizienz) Prävalenz bis zu 30%.

Inzidenz

eine NAST wird zu Lebzeiten nur bei etwa 1% aller hypertensiven Patienten diagnostiziert.

HintergrundINFO: da nur einzelne Patienten von einem NAST-Stent profitieren, sollte man sich fragen, welche Patienten abgeklärt werden sollen. Die Form der NAST ist dabei eine wichtige Frage.

Formen der NAST

  • Atherosklerotische Form: meist ältere Patienten (>50J.) häufig mit generalisierter Atherosklerose,Lokalisation überwiegend ostial am Abgang der Aorta, Tendenz zur Progredienz
  • Fibromuskuläre Dysplasie: überwiegend junge Patientinnen (oder späte Diagnosestellung), geringeProgredienz, evtl. mehrere Gefäßregionen betroffen (Aortenbogen, iliaca, vertebralis, subclavia)

Wer sollte gescreent werden?

  1. therapierefraktäre (4 Antihypertensiva) schwere (>180/110 lt. WHO), therapierefraktäre Dokumentation in der 24-h-RR-Messung

  2. abrupte, persistierende Hypertonie im Alter < 30 oder > 50 Jahre

  3. therapierefraktäre, mittelschwere  Hypertonie (>160/100) wenn zusätzlich:

  • abdominelles Strömungsgeräusch im Bereich d. NA
  • CVRF: Nikotin, Hypercholesterinämie, atherosklerotische Begleiterkrankungen
  • unklare progrediente Niereninsuffizienz (v.a. ohne Proteinurie und unauffälligem Urin-Sediment)
  • Kreatininanstieg > 20% nach ACEH /AT1-Blocker
  • weitere Zielorganschäden (hypertensive Herzerkrankung, Fundus hypertonicus)
  • signifikante Größendifferenz der Nieren (>1,5 cm)
  • rezidivierendes Lungenödem („flush pulmonary edema“)

Suchtests

  • 1. Wahl: Farbkodierte Duplexsonographie, wenn Verdacht bestätigt >
  • MR-Angiographie Nierenarterien, falls KI >
  • CT Angiographie Nierenarterien (Schrittmacherträger, inkompatible Metallimplantate, mangelhafte Kooperation, Claustrophobie)

HintergrundINFO: da bisher keine Studie eine Verbesserung des Überlebens durch eine invasive Behandlung der Stenose nachweisen konnte, muss vor Durchführung eines invasiven Bestätigungstests die Relevanz des Stenose exakt festgestellt werden und eine akute renale Ischämie von einer chronischen vaskulären Nephropathie abgegrenzt werden, weil Patienten mit einer chronischen vaskulären Nierenerkrankung nicht von einer Revaskularisation profitieren würden!

Bestätigungstest

  • Selektive arterielle Angiographie der Nierenarterien in PTA-Bereitschaft

Sensitivität und Spezifität der Screeningtests

Test Sensitivität Spezifität Einschränkungen
Duplex-Sono Nierenarterien   90%   90% Durchführbarkeit nur bei 25 - 60%, Resultat untersucherabhängig
MRT   90%   90% überschätzt meist den Stenosegrad, mindestens 10% falsch positive Befunde
CT-Angiographie   90%   90% Kontrastmittel-Toxizität
Captopril-Scintigraphie   64 - 90%   44 - >90% Niereninsuffizienz, bilaterale Stenose

HintergrundINFO Duplex-Sonographie der Nierenarterien: Die Bestimmung der Maximalgeschwindigkeit im Stenosebereich ist fehlerbehaftet (Winkel) Alternative: Anwendung von Indizes  z.B. Renaler Resistance Index (RRI). Eine Winkelkorrektur ist im Gegensatz zur Bestimmung der maximalen Flussgeschwindigkeit bei der RI-Bestimmung nicht  erforderlich

Renaler Resistance Index (RRI)

  für eine relevante Nierenarterienstenose spricht ein

  • RI <0,50 distal der Stenose (V sys)
  • Unterschied RI ≥ 5 % zwischen rechter und linker Niere
  • Akzelerationszeit (ac) > 70 msek

Akzelerationszeit

Akkzelerationszeit

Renaler Resistance Index der intrarenalen Arterien

intrarenales Dopplersignal

  rechte Niere normaler RI 0.7                                      linke Niere Stenose RI 0.5

 

Behandlung der Nierenarterienstenose (NAST)

  • NAST = Marker für generalisierte  Atherosklerose
  • hohe Rate an  kardiovaskulären  Langzeitkomplikationen
  • hohe Mortalität
  • Die Überlebensrate nach 4 Jahren nur 57 %
  • Jedoch konnte bisher keine Studie eine Verbesserung des Überlebens durch eine invasive Behandlung der Stenose nachweisen.

HintergrundINFO: nur einzelne Patienten profitieren vom NAST-Stent, bei anderen Verschlechterung der Nierenfunktion, häufig auch bei technischen Erfolg unbefriedigendes funktionelles Resultat. Ursache ist vermutlich ein fortgeschrittener irreversibler Parenchymschaden.Es gibt keine prospektiven Daten über die Kriterien, welche den funktionellen Erfolg einer Revaskularisation voraussagen können

 

NAST-Stent

Die chirurgische Revaskularisation einer NAST ist heute zunehmend in den Hintergrund getreten, ist aber in ausgewählten Fällen indiziert(2):

spricht für STENT spricht gegen STENT
Therapieresistenz Kontrollierbare Hypertonie
Geringes Alter, kurze Anamnese Hohes Alter, lange Anamnese
RI-Seitendifferenz ≥ 0.05 (unilaterale NAST) Fehlende RI-Seitendifferenz ≥ 0.05
RI < 0.8 RI > 0.8 absolut (Nephrosklerose, Hypertonie fixiert )
Progrediente Nierenfunktionsverschlechterung Schrumpfniere (< 8cm)
Bilaterale, hochgradige NAST Schwerste Atherosklerose
NAST bei (funktioneller) Einzelniere  
Hämodynamische Wirksamkeit (FDS-Kriterien)  
Ein interventionelles Vorgehens sollte  daher auf  Patienten  mit akuter  ischämischer  Nierenschädigung  beschränkt  werden
  • ein RI >0.8  prognostiziert eine hohe Wahrscheinlichkeit für Therapieversagen eines NAST-Stent (1)

renale Ischämie

 

fibromuskulären Form der NAST

etwa 10% der NAST, betrifft vorwiegend jüngere Frauen, und ist sehr viel besser geeignet für die Angioplastie, welche mit größerer Wahrscheinlichkeit (50-80%) zur Heilung einer renovaskulären Hypertonie führt.

 

konservative Behandlung der NAST

  • ACE-Hemmer
  • ARB bei ACE-H Unverträglichkeit
  • Spironolacton
  • ASS, Statine, Diabetes-Einstellung(2)

Hintergrund-INFO: Einfluß von Aldosteron auf Niere und Hypertonie: bei schlecht einstellbarem Diabetes liegt häufig ein sekundärer Hyperaldosteronismus vor(3)Der Einsatz von Aldosteronantagonisten wie Spironolacton kann daher zur Blutdrucksenkung bei NAST unter engmaschiger Kontrolle von K und NFP (5. Tag nach Therapiebeginn(4) sinnvoll sein. Mehr darüber unter:   /Medikamente /Thiazid-Diuretika /Herzinsuffizienz /Spironolacton

Chronische Nierenerkrankung – Ansprechen auf Steroide

  • Ein hochnormaler RRI zwischen 0,65 und 0,7 scheint für das Ansprechen einer chronischen Nierenerkrankung auf Steroide zu sprechen
  • ein RI >0,7 scheint gegen Steroidwirksamkeit zu sprechen (5)

 

 

Literatur

 

 

(1)  Bernd Krumme Deutsche Klinik für Diagnostik (DKD)Fachbereich Nephrologie und HypertensiologieWiesbaden: Duplexsonographie der Niere und der Nierenarterien

(2)  Rationale Behandlung der Nierenarterienstenose Siostrzonek P. Journal für Hypertonie - AustrianJournal of Hypertension 2010; 14(1), 12-16

(3) Angiotensin II stimuliert die Aldosteronfreisetzung. Aldosteron bindet an Rezeptoren im Sammelrohr und steigert so die Natrium- und Wasserrückresorption, verstärkt Erregbarkeit der glatten Gefäßmuskulatur gegenüber konstriktorischen Reizen, verstärkt somit die blutdrucksteigernde Wirkung von Angiotensin II und mediiert vaskuläres und renales Remodeling, verstärkt dadurch endotheliale Dysfunktion = Mikroangiopathie= erhöhter RI

(4) Dr. E. Schwertfeger, Dr. D. Tacuri, Universitätsklinik Freiburg Abteilung Innere Medizin IV Schwerpunkt Nephrologie und Allgemeinmedizin: Renovaskuläre Hypertonie Merkblatt Standard Arzt 2003

(5)  The resistive index is a marker of renal function, pathology, prognosis, and responsiveness to steroid therapy in chronic kidney disease patients. Int J Nephrol. Hanamura K, Tojo A, Kinugasa S, Asaba K, Fujita T.2012;2012:139565. doi: 10.1155/2012/139565. Epub 2012 Dec 16.

erstellt 7-2019