/psychiatrisch - neurologische Erkrankungen /Chronic Widespread Pain und Fibromyalgie-Syndrom

Chronic Widespread Pain und Fibromyalgie-Syndrom

von: Christoph Fischer

Suchbegriffe: Chronic Widespread Pain, CWP,  Fibromyalgie-Syndrom, myofasciales Syndrom, FMS

Häufigkeit:  11% der Menschen leiden an CWP, 2% der Frauen und 1 % der Männer an Fibromyalgie

Äthiologie: CWP und FMS sind keine entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, sondern ein funktionelle psycho-somatische Krankheitsbilder, Genetische Faktoren sind wahrscheinlich, da das FMS familiär gehäuft vorkommt (Genpolymorphismen des 5HT2- Rezeptors)

Symptome

Chronic Widespread Pain (CWP)

  • chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen ohne spezifische körperliche  Krankheitsursachen
  • geringe körperliche Symptombelastung
  • keine seelische Symptombelastung

Fibromyalgie-Syndrom (FMS)

  • chronische Schmerzen  
  • + belastende seelische Symptome

 

 

Diagnosestellung CWP

  • > 3 Monate bestehende Schmerzen
  • Achsenskelett
  • rechte Körperhälfte und linke Körperhälfte
  • oberhalb der Taille und unterhalb der Taille

Kernsymptome des FMS

  • chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen
  • Schlafstörungen bzw. nicht-erholsamer Schlaf und Müdigkeit
  • Erschöpfungsneigung (körperlich und/oder geistig)

Diagnosestellung FMS

  • Anamnese des typischen Symptomkomplexes,
  • klinische Untersuchung
  • Basislabor zum Ausschluss körperlicher Erkrankungen, welche diesen Beschwerden ausreichend erklären könnten

Basislabor

  • BSG, CRP, Blutbild (zum Ausschluß von Polymyalgia rheumatica, rheumatoider Arthritis)
  • Kreatininkinase (z. B. Muskelerkrankungen)
  • Kalzium (z. B. Hyperkalziämie)
  • TSH (zum Ausschluß von Schilddrüsenunterfunktion)

 

HintergrundINFO: Unterscheidung von anderen Ursachen: Muskel- und Gelenkschmerzen in mehreren Körperregionen können durch zahlreiche Arzneimittel hervorgerufen werden. Führend sind Statine: 10-15% der Patienten unter einer Statintherapie entwickeln Myalgien unterschiedlicher Schwergrade mit und ohne CK-Erhöhung.  Gelenks- und Muskelschmerzen sind Nebenwirkungen von Aromatasehemmern und Interferonen.

Weiterführende apparative Diagnostik

  • Bei typischem Beschwerdekomplex
  • fehlendem klinischen Hinweis auf internistische, orthopädische oder neurologische Erkrankungen
  • und unauffälligem Basislabor
  • wird empfohlen, keine weitere technische Diagnostik (weiterführendes Labor, Neurophysiologie, Bildgebung) durchzuführen. (Starker Konsens)

Behandlungsstufen nach Schweregrad:

Bei leichten Formen des FMS soll der Patient zu angemessener körperlicher und psychosozialer Aktivierung ermutigt werden.
Bei schweren Verläufen sollen mit dem Patienten körperbezogene Therapien, eine zeitliche befristete medikamentöse Therapie sowie multimodale[1] Therapien besprochen werden.
Patienten mit schweren Verläufen, die auf die genannten Maßnahmen nicht ausreichend ansprechen, sollen im Rahmen einer stationären Behandlung  in einem dafür spezialisierten Krankenhaus  eine multimodale Schmerztherapie von mindestens 100 Stunden und mindestens 25 Stunden psychosomatisch-psychotherapeutische Therapie erhalten. z.B. AMEOS-Klinik Bad Aussee

Medikamente bei Fibromyalgie

  • Ausschließlich medikamentös behandelte Patienten – ohne gleichzeitige körperliche Aktivierung – haben die schlechtesten  Aussichten auf ein erträgliches Leben!
  • Medikamentöse Behandlung nur bei schweren Verläufen max. 6 Monate  
  • wenn sie die Beschwerden nicht lindern, sofort wieder absetzen!!!
  • Effekt der Medikamente verschwindet nach einigen Monaten (Tachyphylaxie),
  • durch 2–4 Wochen „drug holiday“ lässt er sich jedoch zurückgewinnen,
  • 1.Wahl Amitriptylin 10–25 mg einmalig abends (allein – ohne gleichzeitige körperliche Aktivierung – nur gering schmerzlindernd, verbessert aber die Schlafqualität)
  • Gabapentin hilft manchen Menschen, kurzer Therapieversuch gerechtfertigt aber  6 von 10 haben UAW

Behandlungen die auf keinen Fall angewendet werden sollen:

  • Kortikosteroide
  • Opioide bewirken keine Reduktion von Schmerz, alle Patienten gaben Nebenwirkungen an (Verwirrtheit, Übelkeit, Erbrechen)
  • Schlaf und Beruhigungsmittel,
  • Neuroleptika
  • Mittel gegen Restless Legs z.B. Pramiprexol,
  • Antidepressiva vom Typ SSRI
  • Massage soll nicht verwendet werden

 

Details zu medikamentöser Therapie und Psychotherapie siehe Literatur

Literatur:

TGAM-Newsletter 7-2016

erstellt 2018

 

 

 

 

 

 

[1] „multimodal“ = mindestens ein körperlich aktivierendes Verfahren mit mindestens

einem psychotherapeutischen Verfahren