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Beta-Blocker bei COPD

von: Christoph Fischer

Epilog

„Jene, die in der Ausbildung noch gelernt haben, dass Betablocker bei COPD kontraindiziert sind, werden etwas Überwindung brauchen, diese zu verschrei­ben.“ Johann Steurer vom Hortenzentrum

Welche Patienten werden vermutlich von einem Beta-Blocker profitieren?

  • ß-Blocker werden von der Mehrzahl der COPD-Patienten gut vertragen
  • Es ist wahrscheinlich, dass viele COPD-Patienten (insbesondere in den Stadien 3 und 4) kardiovaskuläre Probleme haben
  • bei diesen Patienten verringern ß-Blocker die Gesamtmortalität
  • und verringern sogar die Zahl der Exazerbationen[1]

HintergrundINFO: ß-Blocker bei Herzinsuffizienz: chon ab der Stufe B, also noch vor klinische Zeichen des HV auftreten, sind ß-Blocker indiziert, sofern kein Kontraindikation besteht. Wie ACE-Hemmer verlangsamen ß-Blocker die Progression der HI und erhöhen die Überlebensrate, wobei sie mit ACE-Hemmern synergistisch wirken und sind trotz ihrer negativ-inotropen Wirkung ein wichtiges Element der Standardtherapie ab ACC Stufe B. (LF-AM Kap. 9.11.5.)

ß-Blocker bei Patienten 60+ (9) 

  • Keine Betablocker bei Patienten über 60 Jahre.
  • Ausnahmen: Begleiterkrankungen wie z.B. KHK, Herzinsuffizienz, entsprechende Tachyarrhythmien, Migräne (Prophylaxe) oder Glaukom.

 

  • Keine Betablocker bzw. BB-Diuretika-Kombinationen bei Diabetikern. Sie verschleiern Hypoglykämie!

 

Welche COPD-Patienten werden ein ß-Blocker vermutlich nicht vertragen?

  • Patienten mit ACO
  • Patienten mit deutlichem Ansprechen auf Bronchodilatatoren[2]
  • Möglicherweise trifft dies auch auf die Steroid-Responder zu[3]
  • Näheres im Kapitel Asthma-COPD-Overlap

HintergrundINFO: Ob ein positiver Metacholin-Provokations-Test diese Patienten identifizieren könnte, ist meines Wissens nicht untersucht

Vorgehen

  • Ausschluss einer Kontraindikation
  • Spirometrie vor Verordnung
  • Kurz und mittelfristige Spiro-Kontrolle nach Therapiebeginn
  • Einschleichend dosieren; der gewünschte Effekt tritt oft erst nach 2–4 Wochen auf.
  • Eine bestehende Herzinsuffizienz kann sich in dieser Zeit transient verschlech­tern (Patienten aufklären, überbrückend Diuretika)
  • Danach im 2–4-Wochen­rhythmus nach Befindlichkeit des Patienten die Dosis erhöhen, bis limitierende Nebenwirkungen (Bradycardie, Hypotonie) auftreten

Kontraindikationen ß-Blocker

  • Bradykardie, Bradyarrhythmie
  • Häufige Hypoglykämie-Entgleisungen
  • Asthma-Anamnese: Auch sog. „kardioselektive“ ß-Blocker können Asthma-Anfälle auslö­sen, nicht ß-Agonisten verordnen, sondern ß-Blocker absetzen!
  • Hypotonie: Systolischer Blutdruck < 100 mmHg
  • Zeichen peripherer Minderperfusion, periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVk) ab Stadium II
  • PR-Intervall > 0,24 sek., AV-Block 2. oder 3. Grades (ohne Schrittmacher)
  • Gleichzeitige Verabreichung von Verapamil, Diltiazem

 

 

HintergrundINFO Wirkung von ß-Blockern auf die Lunge: Kardioselektive Betablocker wie Metoprolol und Bisoprolol wirken nur relativ  β1-selektiv, bei höheren Dosierungen haben auch sie einen hemmenden Einfluss auf β2-Rezeptoren.[4] Die ß2-Blokade führt zur Ausschüttung von Acetylcholin in der Lunge. Bei Lungengesunden wird der Anstieg von Acetylcholin und damit eine Verengung der Bronchien über eine Stimulation von Autorezeptoren gebremst.[5] [6] Dadurch verursachen ß-Blocker beim Gesunden kein Asthma. Bei bronchialer Hyperreaktivität (dies betrifft Patienten mit Asthma, ACO, und anstrengungsinduziertem Asthma) fehlen die Acetylcholin-Autorezeptoren, bei diesen führt bei Ausschüttung unter Beta-Blockern zu einer Verengung der Bronchien, die Lungenfunktion verschlechtert sich.

Wirkung von bronchialerweiternden ß-Stimulanzien auf die Lunge: Ein Asthma-Anfall lässt sich durch Inhalation von Salbutamol, einem bronchialerweiternden Wirkstoff (ß-Stimulans) sofort beenden. Bei längerer Therapie mit solchen Sprays wird dieser protektive Effekt aber deutlich schwächer. Man sieht nach längerer Anwendung von ß-Stimulanzien sogar eine gestiegene Empfindlichkeit gegenüber Allergenen. Die dauernde Monotherapie mit bronchialerweiternden Sprays (ohne ICS) führt bei Asthma und Asthma-COPD-Overlap zu einer Verschlechterung der Asthma- und ACO-Kontrolle[7]

Statement

„Obwohl Betarezeptorenblocker mit Bronchus-Verengung assoziiert sein können, sind sie bei herzinsuffizienten Patienten mit COPD indiziert.“[8]

Literatur:

[1] Originalarbeit: Rutten FH et al. Betablockers may reduce mortality and risk of exacerbations in patients with chronic obstructive pulmonary disease. Arch Intern Med. 2010;170(10):880-887  

[2] http://www.arznei-telegramm.de/html/2004_06/0406060_01.html  

[3] Evidenzgrad „H“   d.h. das ist die bescheidene Meinung eines Hausarztes

[4] Morales, D. R., Jackson, C., Lipworth, B. J., Donnan, P. T., & Guthrie, B. (2014). Adverse Respiratory Effect of Acute β-Blocker Exposure in Asthma. Chest, 145(4), 779–786. doi:10.1378/chest.13-1235 

[5] Sie dienen als Teil einer negativen Rückkopplungschleife innerhalb der Signaltransduktion (Wikipedia)

[6] https://www.lecturio.de/magazin/vegetative-autoregulation-und-desensibilisierung/#autohemmung

[7] https://www.i-med.ac.at/pharmakologie/pharmainfo/info9-4.html

 

[8] https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-006l_S3_Chronische_Herzinsuffizienz_2018-04.pdf S: 59

(9) DEGAM-Benefits 2-2007