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Gebärmutterhalskrebs

von: Christoph Fischer

Häufigkeit:

Erkrankung: Risiko bis zum 75. Lebensjahr in Österreich zu erkranken 0,6 %. Das entspricht 1 von 167 Frauen.

Sterberisiko: bis zum 75. Lebensjahr 0,2 %, das entspricht 1 von 500 Frauen.

 

Äthiologie:

Auslöser für Gebärmutterhalskrebs sind in 99% der Fälle Humane Papillomaviren (= HPV)

Weitere Risikofaktoren für eine persistierende HPV-Infektion und Gebärmutterhalskrebs sind:

  • Rauchen
  • Geschlechtskrankheiten wie Herpes, Chlamydien o. ä.
  • Viele Schwangerschaften, besonders in jungen Jahren
  • Gebrauch von hormonellen Verhütungsmitteln („Pille“) über mehr als 5 bis 10 Jahre
  • Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken (z. B. bei HIV-Infizierten oder Organtransplantierten)[1]

 

 

Empfehlungen der österreichischen Vorsorgeuntersuchung 2005

  • Das systematische Screening nach Zervixkarzinom mittels PAP-Test wird für alle Frauen zwischen 19 und 69 Jahren empfohlen.
  • Als geeignetes Routine-Intervall gelten drei Jahre,
  • wenn zuvor mindestens zwei bis maximal drei initiale Abstriche in einem Ein-Jahres-Abstand unauffällige Befunde erbracht haben.

Zahlen & Fakten zu HPV-Infektion und Gebärmutterhalskrebs[2]

 

Verlauf ohne Screening

ZervixCa Verlauf ohne Screening

Verlauf unter opportunistischem Screening

  • Das opportinistische österreichische Screening kann 9 der 15 Erkrankungsfälle durch Früherkennung mittels PAP-Test verhüten.
  • Tatsächlich erkranken in Österreich 6 von 1000 Frauen, 3 von 1000 sterben an Zervix-Ca

 

 

Könnte diese Erkrankungs- und Sterberate weiter gesenkt werden?

 

Durch Schutz vor HPV-Infektionen?

  • Kondome verringern das Übertragungsrisiko, bieten aber keinen 100% Schutz
  • Auch die HPV-Impfung bietet keinen 100-prozentigen Schutz
  • 1.600 Mädchen und Frauen müssen geimpft werden, um eine Krebsvorstufe (CIN) zu verhindern[3]
  • Optimistisch geschätzt (90% Wirksamkeit, Durchimpfungsrate 2/3) ist erst in 40 Jahren ein 23%iger Rückgang der Neuerkrankungen durch HPV-Impfung zu erwarten
  • Die einzige 100% Methode, sich vor einer HPV-Infektion zu schützen, ist der Verzicht auf Geschlechtsverkehr!

 

 

Auswirkung von PAP-Screening und HPV-Impfprogramm

Von 1000 Frauen werden im Laufe des Lebens im Jahr 2060

erkranken

sterben

Ohne Screening und ohne HPV-Impfprogramm

15

5

Ohne Screening aber mit HPV-Impfprogramm

12

4

Mit dem bisherigen Screening ohne HPV-Impfprogramm

6

2

Mit dem bisherigen Screening plus HPV-Impfprogramm

4

1

[4]

 

Eines wird jetzt schon klar:  Die HPV-Impfung kann den PAP-Abstrich auf keinen Fall ersetzen

 

Lässt sich die Früherkennung verbessern?

 

Auch bei regelmäßiger PAP-Testung erkranken rechnerisch 0,3 von 1000 Frauen an Zervix-Ca. Ursache ist die geringe Sensitivität des PAP von 53%, bei einer Spezifität von 97,4%

 

Auswirkung das PAP-Screening-Intervalles

ZervixCa PAP Intervalle

  • Auf die Todesfälle hätte ein jährliches Screening fast keine Auswirkung.
  • Aber 994 von 1.000 Frauen hätten bei einem Screening im 1-Jahres-Abstand mindestens
  • einmal in ihrem Leben fälschlicherweise einen auffälligen Befund erhalten.
  • Die Folge sind unnötige Behandlungen und psychischer Stress.[5]

Früherkennung durch HPV-Testung?

Wir brauchen für die Antwort: Prävalenz, Sensitivität und Spezifität

Prävalenz CIN II und III =  2%

HPV-Test Sensitivität 90%, Spezifität 90%

ZervixCa HPV-Test

  • Der HPV-Test erkennt zwar mehr kranke Frauen richtig als krank als der PAP-Test (mehr richtig positive Befunde),
  • von den tatsächlich gesunden Frauen erhalten durch den HPV-Test aber mehr Frauen irrtümlich den Befund, krank zu sein (mehr falsch positive Befunde)
  • und werden somit unnötigen Sorgen und Ängsten, aber auch Behandlungen ausgesetzt[6]

HintergrundINFO: In Österreich gibt es noch keine allgemeine Empfehlung für den HPV-Test. In Deutschland hingegen wird das Früherkennungsprogramm gerade umgestellt und Frauen ab 35 Jahren eine Kombinationsuntersuchung aus PAP- und HPV-Test alle 3 Jahre als Kassenleistung angeboten (Für 20- bis 34-Jährige bleibt es beim jährlichen PAP-Test.). In den USA wiederum rät die U.S. Preventive Services Task Force Frauen von 21 bis 65 alle 3 Jahre den PAP-Test oder aber für Frauen von 30 bis 65, die weniger oft untersucht werden wollen, einen HPV-Test alleine alle 5 Jahre.[7]

 

 

Einladungs- und Recall-System

  • In Österreich gibt es zwar die HPV-Impfung
  • aber noch immer kein systematisches qualitätsgesichertes Screening.
  • Derzeit geht nur die Hälfte der Frauen in Österreich regelmäßig zum PAP.
  • das sind vorwiegend junge Frauen mit nahezu keinem Krebsrisiko
  • Viele der über 50-Jährigen, die keine Kinder mehr bekommen und keine Pille mehr brauchen, gehen nicht mehr zum Abstrich.
  • Gerade diese Frauen haben aber das höchste Erkrankungsrisiko.

 

HintergrundINFO: In der täglichen Praxis sieht das Gebärmutterhalskrebs-Screening so aus: Junge Frauen, die in den nächsten 15–20 Jahren nahezu kein Risiko haben, an einem Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, gehen jährlich – manche sogar halbjährlich – zum Abstrich; sie bekommen häufig, quasi als Draufgabe zum PAP-Abstrich, eine Vaginalsonographie mit 5% falsch positiven Befunden[8], mit mehr Schaden als Nutzen.[9]  

Internationaler Vergleich Erkrankungshäufigkeit (links) & Sterblichkeit (rechts)[10]

 

ZervixCa int Vergleich

 

  • In Österreich beginnt das opportunistische Screening meist in der „first Love-Ambulanz“ und wird jährlich wiederholt.
  • In Finnland beginnt das systematische Screening mit 30 und endet mit 60.
  • Durch das Recall-System schneidet Finnland im Vergleich zu Tirol trotz größeren Untersuchungs-Abständen von 5 Jahren mehr als doppelt so gut ab.
  • Während die HPV-Impfung erst 2060 die Sterberate um 23% senken könnte,
  • lässt sich diese durch ein systematisches Screening in etwa 5 Jahren um mehr als die Hälfte senken!
  • Durch 3-Jahresintervalle würden die Gesamtkosten gar nicht steigen, und unnötige Behandlungen würden gegenüber dem jährlichem PAP um 50% zurückgehen.

 

Literatur:

[1] TGAM Patienteninfo Zervixkarzinom 2017

[2] AOK-Bundesverband. (2015). www.hpv-entscheidungshilfe.de, Zahlen für öst. Frauen bis 75 Jahre adaptiert

[3] Schuler J, Sönnichsen A (2013). Effektivität und Sicherheit der HPV-Impfung. ZAllgMed, 2013;89 (10)

[4] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Hg.). Einladungsschreiben und Entscheidungshilfen

zum Zervixkarzinom-Screening. Vorbericht P15-02, 13. 02. 2017

[5] Cuzick M et al. (2006). Overview of the European and North American studies on HPV testing in primary cervical cancer

screening. Int J Cancer 119(5):1095-101

[6] Koliopoulos G et al. Cytology versus HPV testing for cervical cancer screening in the general population. Cochrane Database

of Systematic Reviews 2017, Issue 8. Art. No.: CD008587. DOI: 10.1002/14651858.CD008587.pub2

[7] Final Recommendation Statement: Cervical Cancer: Screening. U.S. Preventive Services Task Force. December 2017

[8] https://www.arznei-telegramm.de/html/2011_10/1110088_01.html

[9] Necker R, Lewis C (4. 11. 2011). HPV-Impfung, aktueller Kenntnisstand. a-t 2011; 42: 95-7

[10] Oberaigner W, Mühlböck H, Harrasser L (2015). Tumorregister Tirol, Bericht für das Diagnosejahr 2012. IET-Bericht

 

erstellt: 1-2020