/psychiatrisch - neurologische Erkrankungen /Depression Überblick Depression ÜberblickHäufigkeit Depressionen
- Jährlich erkranken 1 – 2 / 100 Personen neu
- Lebenszeitrisiko an Depression (alle Formen) zu erkranken 16-20%[1]
- Entgegen einer häufigen Annahme hat diese Zahl in den letzten Jahren nicht zugenommen[2]
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Ätiologie
- „Wir wissen es nicht genau, einem Forscher, der eine überzeugende Antwort auf diese Frage findet, winkt der Nobelpreis“ (27)
- Die Forschung hat keine klare Erklärung für Depressionen,
- Depressionen werden jedenfalls nicht durch Serotoninmangel, Mangel an anderen Botenstoffen, Hormonen oder Vitaminen verursacht! (30)
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Die Ätiologie ist fultifaktoriell, aber noch nicht restlos verstanden:
- familiäre Häufung (erblicher Anteil, aber keine zwingende Vererbung)
- äußere Belastungen
- frühkindliche Verluste
- vulnerable Persönlichkeit
- es gibt aber häufig auch Depressionen, die scheinbar ohne einen plausiblen Auslöser beginnen (31)
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HintergrundINFO Das bio-psycho-soziale Modell:[3]
Verlauf
- Die Erkrankung kann sich unterschiedlich entwickeln.
- Die Häufigste Form ist die depressive Einzelepisode
- Die meisten depressiven Episoden klingen nach Wochen bis Monaten von selbst ab
- Bei 50% tritt eine rezidivierende unipolare Depression auf
- Die gesunde Zeit zwischen 2 Episoden kann wenige Monate bis Jahrzehnte betragen (32)
- 1,7% der Frauen und 1,3% der Männer erkranken im Laufe des Lebens an einer bipolaren Störung (NVL 17)
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Chronische Depression
- Von einer chronischen Depression spricht man ab einer Dauer von > 2 Jahren
- Dies betrifft etwa 15% der Erkrankungen
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therapieresistente Depression
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unscharfer Begriff
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meist mehrere gescheiterte Behandlungsversuche
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Diagnose sollte nicht gestellt werden wenn aneinanderreihen mehrerer Antidepressiva nicht wirksam war
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das Aneinanderreihen mehrerer Antidepressiva ist generell nicht empfehlenswert (32)
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Erst ab einer Dauer von 2 Wochen kann die Diagnose depressive Episode gestellt werden.
3 Hauptsymptome
- Depressive Verstimmung
- Verlust von Interesse und Freude
- Antriebsmangel
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HintergundINFO: die WHO-ICD-Klassifikation ist nach Ansicht von Prof. Bschor seltsam, sie richtet sich nicht nach der Ausprägung sondern nach Anzahl der Symptome, Je mehr verschiedene Symptome, desto schwerer ist die Depression.(35)
Zusatzsymptome
- verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
- negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
- Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen
- Schlafstörungen
- verminderter Appetit.
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HintergrundINFO Haupt- und Zusatzsymptome
Diagnose
[1]
- Liegen mindestens 2 Haupt- und 2 Nebensymptome vor sollte geklärt werden
- ob diese eher einer depressiven Symptomatik oder einer anderen psychischen Störung zuzuordnen sind (Differenzialdiagnostik).
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Depression ist eine Ausschlussdiagnose
Ausschluss:
- organische Ursache (z.B. chronische Schmerzen, Schilddrüsenunterfunktion..)
- hirnorganische Ursache
- Gebrauch oder Missbrauch psychotroper Substanzen (C2, Drogen)
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Sind diese Ursachen ausgeschlossen, kann die Diagnose einer depressiven Episode gestellt werden (NVL 44)
Ambulant oder stationär?
Notfalleinweisung wenn (NVL 33):
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Feststellung des Schweregrades
- Vor Behandlungsbeginn und für die Verlaufsmessung
- bietet sich für die AM-Praxis das „Beck-Depressions-Inventar“ als Selbstbeurteilungsskala an.
- Der Patient kann den Test in 5 – 10 Minuten mit Bleistift und Fragebogen
- oder direkt online ausfüllen.
- Solche Skalen sind nicht zur Diagnosestellung einer depressiven Episode geeignet,
- aber damit kann der Schweregrad und das Ansprechen auf Behandlung valide gemessen werden (74)
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HintergundINFO: 25 Bögen des Beck-Depressionsinventars werden von einem Verlag um 77€ angeboten[4] Im Buch finden sie die deutsche Version des BDI-2 auf Seite 72-73
ein Ausschnitt:[5]
- Das Resultat kann sofort online errechnet werden,
- und unterscheidet zwischen kognitiv-affektiven
- und somatischen depressiven Symptomen:
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Grenzwerte für das BDI
- 0–8: Keine Depression
- 9–13: Minimale Depression
- 14–19: Leichte Depression
- 20–28: Mittelschwere Depression
- 29–63: Schwere Depression [6]
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Behandlung
Depression erfordert komplexe Behandlungskonzepte
- Komplexe Behandlungskonzepte basieren auf einer grundsätzlichen Gleichberechtigung,
- aller an der Behandlung depressiver Patienten beteiligten Akteure.
- Der Fokus liegt auf der verbesserten Vernetzung (integrierte Versorgung) zwischen den Beteiligten
- z. B. Hausarzt, Psychiater, Psychotherapeut, Sozialarbeiter, Hauskrankenpflege…
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Integrierte Versorgung
- Optimierung des Krankheits- und Behandlungsverlaufs,
- Verringerung von Fehl-, Unter- oder Überversorgung
- sowie von Chronifizierung
- leitlinienorientierte Diagnose- und Behandlungsprozesse
- modellhaft in Primärversorgungsnetzwerken angedacht
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Stepped Care
- gestufte Behandlung beginnt die Behandlung mit der Interventionsform,
- die leitliniengemäß adäquat ist
- und gleichzeitig die geringste Behandlungsintensität aufweist.
- Durch regelmäßiges Monitoring des Therapieverlaufs ("BDI")
- Kann die Behandlung bei Nichtansprechen
- auf der nächst höheren Intensitätsstufe fortgesetzt werden.
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Aufklärung
- Depressive Patienten sollen über Symptomatik, Verlauf und Behandlung der Depression aufgeklärt werden.
- Dabei können zur Unterstützung evidenzbasierte Patienteninformationen oder Entscheidungshilfen eingesetzt werden.
- Wenn es angebracht ist und die Patienten einverstanden sind, gilt dies auch für deren Angehörige
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Partizipative Entscheidung
- Bei der Partizipativen Entscheidungsfindung wird ein gleichberechtigtes Zusammenarbeiten von Arzt bzw. Psychotherapeut und Patient angestrebt,
- Eine gemeinsame Entscheidungsfindung trägt zu höherem Wissen
- realistischeren Erwartungen über den Erkrankungsverlauf
- höherer Patientenzufriedenheit bei.
- Vor- und die Nachteile der möglichen Entscheidungsoptionen werden erläutert
- und vor dem Hintergrund der Lebenssituation des Patienten gegeneinander abgewogen
- der Plan zur Umsetzung der gewählten Behandlung partizipativ beschlossen (NVL 52)
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Psychotherapie, Pharmakotherapie oder beides?
(NVL 61)
Uns stehen nichtmedikamentöse und medikamentöse Optionen offen
Nichtmedikamentöse Behandlung
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Medikamentöse Behandlung
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- Nichtmedikamentöse Behandlungen können bei leichten und mittelschweren Depressionen alternativ statt Antidepressiva
- oder zusätzlich zu Antidepressiva eingesetzt werden,
- bei schweren Depressionen sollen unbedingt beide Behandlungsmethoden kombiniert werden!
Literatur:
[1] S3-Leitlinie/Nationale Versorgungs-Leitlinie Unipolare Depression Langfassung 2. Auflage, 2015 S: 17 alle weiteren Zitate aus dieser LL werden in runder Klammer so angegeben: (NVL 17)
[2] Im weiteren Text wird die zitierte Stelle in diesem Buch in runder Klammer angegeben: Antidepressiva. Wie man die Medikamente bei der Behandlung von Depressionen richtig anwendet und wer sie nicht nehmen sollte: Vom Mitautor der Behandlungsleitlinie für Depressionen von Prof. Dr. med. Tom Bschor | 12. November 2018
[3] H. Bachler, C. Fischer, ALLGEMEINMEDIZIN Leitfaden für Famulatur, AM-Seminar, KPJ und Turnus Herausgegeben von der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin 2012
[4] https://www.testzentrale.de/shop/beck-depressions-inventar-fs.html
[5] http://deprese.euzona.cz/de-index.php
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Beck-Depressions-Inventar
erstellt 2-2020 |